Freitag, kurz vor 21 Uhr. Cecilia Bartoli singt bei den Pfingstfestspielen „Wie soll ich von der Wahrheit leben, wenn die Täuschung meine einzige Nahrung ist?“
Vier Stunden früher: Keine zehn Gehminuten vom Salzburger Festspielbezirk entfernt gehen Sebastian Kurz und Wilfried Haslauer vom Chiemseehof zum Mozartkino. Es ist kein Spaziergang wie früher, auch wenn der Kanzler und der Landeshauptmann sich über die Lage wegzulächeln versuchen. Die Szenerie ist irritierend: Ein enormes Aufgebot an Polizisten schirmt Kurz ab, die Atmosphäre ist gereizt.
Ungefähr zu diesem Zeitpunkt schalten Mitarbeiter in der Wiener Hofburg eine aufgezeichnete Rede des Bundespräsidenten auf Facebook frei. Ohne Namen zu nennen, richtet Alexander Van der Bellen eine deutliche Ermahnung an ausgewählte türkise Regierungsmitglieder. Das Immunsystem des Staates dürfe nicht geschwächt werden, den Institutionen müsse Respekt entgegengebracht werden, sagt das Staatsoberhaupt.
Ein merkwürdiger Abend. Das Festspielpublikum bemerkt beim Heimweg noch patrouillierende Polizisten. Der Kanzler ist nach einem kurzen Abstecher in einem Bierkeller im Dunkel der Nacht verschwunden. Wirte schicken Gäste weg, die noch etwas essen oder trinken wollen. „Es ist schon Sperrstunde“, sagen sie.
Es ist noch nicht einmal 22.00 Uhr. Es ist die Zeit der neuen Normalität.
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