EU droht Sanktionen an
Erzwungene Landung: „Akt des Staatsterrorismus“
Einen Tag nach der erzwungenen Landung einer Ryanair-Maschine in Weißrussland fallen die internationalen Reaktionen heftig aus. Der Verdacht lautet, dass der autoritär regierende weißrussische Staatschef Alexander Lukaschenko persönlich den Befehl erteilt habe, den Flug umzuleiten, um den prominenten oppositionellen Blogger Roman Protassewitsch verhaften zu lassen. Als Vorwand soll eine mögliche Sicherheitsbedrohung an Bord gedient haben. Bei einem EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Montagabend könnte bereits über Sanktionen gegen Weißrussland verhandelt werden.
Über den Aufenthaltsort von Protassewitsch gibt es derzeit keine Informationen. Einen Tag nach seiner Verhaftung fehlt von ihm jede Spur. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bezeichnete die Aktion noch am Sonntag als einen „Akt des Staatsterrorismus“. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, der Vorfall sei „absolut inakzeptabel“. Das Flugzeug befand sich eigentlich auf dem Weg von der griechischen Hauptstadt Athen in die litauische Hauptstadt Vilnius.
Von der Leyen spricht von „Flugzeugentführung“
„Alle Passagiere müssen in der Lage dazu sein, ihre Reise nach Vilnius sofort fortzusetzen, und ihre Sicherheit muss gewährleistet sein“, schrieb von der Leyen auf Twitter - eine deutliche Anspielung auf Protassewitsch, dem nun nach eigenen Aussagen die Todesstrafe in Weißrussland droht. Die Kommissionschefin sprach sogar von einer „Entführung“ des Flugzeugs, die sanktioniert werden müsse.
Vorfall wird nicht ohne Konsequenzen bleiben
EU-Ratspräsident Charles Michel erklärte noch am Sonntagabend, der Vorfall werde beim EU-Gipfel am Montag diskutiert. Auch er deutete mögliche Sanktionen an. „Der Vorfall wird nicht ohne Konsequenzen bleiben“, schrieb Michel. Litauen forderte bereits eine gemeinsame Antwort des Westens. Außenminister Gabrielius Landsbergis erklärte, er habe mit dem stellvertretenden US-Außenminister Philip Reeker über den Vorfall gesprochen. Es sei darüber diskutiert worden, „dass das beispiellose Ereignis eine starke transatlantische Reaktion finden muss“.
Möglicher Verstoß gegen internationale Verträge
Die litauische Staatsanwaltschaft leitete noch am Sonntag eine strafrechtliche Untersuchung der Vorgänge ein. Dabei gehe es unter anderem um die „mögliche Entführung eines Flugzeugs zu terroristischen Zwecken“ und den Verstoß gegen internationale Verträge, teilten die Behörden mit. Litauens Regierungschefin Ingrida Simonyte erklärte, mehrere Personen, die am Sonntagabend mit dem Flugzeug im litauischen Vilnius landeten, seien unmittelbar um eine Aussage gebeten worden.
„Dreiste und schockierende Tat“
Auch die US-Regierung von Präsident Joe Biden verurteilte die Festnahme des Bloggers auf das Schärfste. US-Außenminister Antony Blinken schrieb am Sonntagabend auf Twitter, es habe sich um eine „dreiste und schockierende Tat des Lukaschenko-Regimes“ gehandelt. „Wir fordern eine internationale Untersuchung und stimmen uns mit unseren Partnern über die nächsten Schritte ab. Die Vereinigten Staaten stehen an der Seite der Menschen in Belarus.“
Kurz: „Absolut inakzeptabel“
Das Außenministerium in Wien bestätigte, dass sich auch ein österreichischer Staatsbürger auf der Passagierliste befunden habe. Am Pfingstmontag meldete sich auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu Wort. Die EU dürfe nun „nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte er im Vorfeld des EU-Gipfels, denn die erzwungene Flugzeuglandung sei „absolut inakzeptabel“.
Weißrussischer Airline droht Landeverbot
Zusätzlich zu den Strafmaßnahmen gegen Weißrussland wegen des brutalen Vorgehens gegen Regierungsgegner könnte nun der weißrussischen Airline Belavia die Landung auf Flughäfen in der EU untersagt und jeglicher Transitverkehr von Weißrussland in die EU ausgesetzt werden. Zudem könnten Flüge von EU-Airlines über Weißrussland ausgesetzt werden, sagte ein EU-Vertreter am Sonntagabend.
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