Die FPÖ fordert eine Ausdehnung der Wahrheitspflicht für Minister und den Kanzler gegenüber dem Parlament. Die Minister sollen unter Androhung eines Strafverfahrens verpflichtet werden, parlamentarische Anfragen wahrheitsgemäß zu beantworten, so Klubobmann Herbert Kickl. Anlass ist eine Anfragebeantwortung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), die laut FPÖ der Aussage einer Auskunftsperson im Ibiza-Untersuchungsausschuss widerspricht.
„Nicht nur die Qualität der Anfragebeantwortungen ist derzeit - vor allem aus den ÖVP-geführten Ministerien - so schlecht wie nie zuvor“, stellt Kickl gegenüber der APA fest. So würden Fragen oft schlichtweg ignoriert und mit pauschalen Stehsätzen beantwortet. In vielen Fällen gebe es auch Zweifel an der Richtigkeit der Angaben. Es könne nicht angehen, dass Regierungsmitglieder das Fragerecht der Abgeordneten „ad absurdum führen, indem sie unkonkrete, unvollständige oder gänzlich falsche Angaben machen“, sagt der FPÖ-Klubchef.
Anlass: Beantwortung des Bundeskanzlers
Konkreter Anlass für die Forderung ist eine Anfragebeantwortung von Bundeskanzler Kurz, die inhaltlich den unter Wahrheitspflicht getätigten Aussagen einer Auskunftsperson im Ibiza-U-Ausschuss widersprechen soll. Ein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter im Justizministerium hatte angegeben, dass ihm Ex-Justizminister Josef Moser (ÖVP) erzählt habe, Kurz habe sich im Jahr 2019 nach dem Verfahrensstand in der Causa Stadterweiterungsfonds erkundigt.
Kurz: „Keine Informationen angefragt“
In der Angelegenheit waren vier Personen, darunter zwei aktuelle Sektionschefs des Innenministeriums, wegen Untreue angeklagt und wurden im Vorjahr von den Vorwürfen freigesprochen. Kickl hatte daraufhin Kurz in einer parlamentarischen Anfrage aufgefordert, die konkreten Umstände und Gründe dieser Erkundigung bekannt zu geben. Kurz antwortete, er habe weder in dieser noch in der vergangenen Legislaturperiode „Informationen zu konkreten Ermittlungsverfahren angefragt“.
FPÖ fordert Änderung im Strafrecht
„Hier steht nun Aussage gegen Aussage, wobei die Auskunftsperson unter Wahrheitspflicht ausgesagt hat und der Bundeskanzler nicht“, kommentiert Kickl die Angelegenheit. Die FPÖ werde daher eine Änderung des Strafgesetzbuchs beantragen, sodass auch vorsätzliche Falschaussagen in parlamentarischen Anfragebeantwortungen mit Strafe bedroht sind.
SPÖ will Wahrheitspflicht im Rechnungshofausschuss
Derzeit wird im Nationalrat ein Antrag der SPÖ debattiert, die Wahrheitspflicht auf den Rechnungshofausschuss auszuweiten, dessen Unterausschuss - auch als „kleiner U-Ausschuss“ bekannt - sich aktuell mit Beschaffungsvorgängen in der Corona-Krise beschäftigt und dazu bereits zahlreiche Regierungsmitglieder einvernommen hat, ohne dass diese unter Wahrheitspflicht standen. Kickl begrüßte die Ausweitung, will aber noch einen Schritt weitergehen, wie er sagte.
Die Debatte rund um die Wahrheitspflicht hatte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) losgetreten, als er deren Aufhebung im Ibiza-U-Ausschuss gefordert hatte. Im „Krone“-Interview relativierte er diese Aussage aber.
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