Luftraum gesperrt
EU verhängt Sanktionen gegen Weißrussland
Nach der erzwungenen Landung einer Passagiermaschine in der weißrussischen Hauptstadt Minsk und der Festnahme des oppositionellen Bloggers Roman Protassewitsch haben die EU-Staaten gemeinsam neue Sanktionen gegen die frühere Sowjetrepublik verhängt. Laut einem Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel sollen weißrussische Fluggesellschaften künftig nicht mehr den Luftraum der EU nutzen dürfen und auch nicht mehr auf Flughäfen in der EU starten und landen dürfen.
Außerdem soll es zusätzliche gezielte Wirtschaftssanktionen und eine Ausweitung der Liste mit Personen und Unternehmen geben, gegen die Vermögenssperren und EU-Einreiseverbote gelten. Fluggesellschaften mit Sitz in der EU werden darüber hinaus aufgefordert, den Luftraum über Weißrussland zu meiden. Als eine der ersten Fluggesellschaften gab Finnair am Dienstagvormittag bekannt, künftig den weißrussischen Luftraum zu meiden.
Kurz zufrieden über „klare Reaktion“ der EU
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich nach den Beratungen der Staats- und Regierungschefs „sehr zufrieden“ über die „klare Reaktion“ der EU. Er forderte die „sofortige Freilassung“ von Protassewitsch. Der 26-jährige Oppositionelle und Blogger hatte sich am Montagabend erstmals seit seiner Verhaftung in einem Video zu Wort gemeldet, in dem er „gestand“, bei der Organisation von Massenunruhen in Weißrussland mitgewirkt zu haben.
Vater: Zu Schuldeingeständnis gezwungen
Unterdessen meldete sich Protassewitschs Vater Dsmitri erstmals zur Inhaftierung seines Sohnes. Er glaube, dass sein Sohn in dem über soziale Netzwerke verbreiteten Video zu einem Schuldeingeständnis gezwungen worden sei. Womöglich sogar durch Anwendung von Gewalt. „Es ist möglich, dass seine Nase gebrochen ist, denn ihre Form ist anders und es ist eine Menge Make-up Puder darauf. Die ganze linke Seite seines Gesichts ist abgepudert“, sagte er.
„Schaut, wozu wir in der Lage sind“
„Mein Sohn kann nicht zugeben, die Massenunruhen verursacht zu haben, weil er so etwas einfach nicht getan hat.“ Die Inhaftierung seines Sohnes sei ein Akt der Vergeltung und soll Regierungskritikern zeigen: „Schaut, wozu wir in der Lage sind.“ „Das ist totaler Irrsinn, was hier passiert.“ Das Regime des autoritär regierenden weißrussischen Staatspräsidenten Alexander Lukaschenko hatte auch Protassewitschs Freundin Sofia Sapega festnehmen lassen.
Milliarden-Investitionen auf Eis gelegt
Der Europäische Rat verurteilte in einer Erklärung der Staats- und Regierungschefs die erzwungene Landung des Ryanair-Flugs und forderte ebenfalls die sofortige Freilassung von Protassewitsch und Sapega. Die Europäische Union legt außerdem Investitionen im Volumen von rund drei Milliarden Euro an das Land auf Eis. Das Geld werde so lange nicht fließen, bis Weißrussland wieder einen demokratischen Kurs einschlage, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montagabend in Brüssel.
Darüber hinaus erklärten die Staats- und Regierungschefs ihre „Solidarität“ mit Lettland, nachdem Minsk am Montag lettische Diplomaten ausgewiesen hatte.
Biden verurteilt „skandalösen Vorfall“
Auch US-Präsident Joe Biden verurteilte die erzwungene Landung auf das Schärfste. Mit Blick auf mögliche Sanktionen erklärte Biden, er habe sein Team angewiesen, „angemessene Optionen“ zu entwickeln, „um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen“. Dies solle in enger Abstimmung mit Partnern wie der Europäischen Union geschehen. Der Vorfall sei „skandalös“, sagte er am Montagabend.
Behörden der Republik Weißrussland hatten am Sonntag ein Ryanair-Flugzeug mit mehr als 100 Passagieren auf dem Weg von Athen nach Vilnius zur Landung gebracht - angeblich wegen einer Bombendrohung. Dabei stieg auch ein Kampfjet vom Typ MiG-29 auf, wie das Militär in Minsk bestätigte.
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