Auf dem Weg zur EURO 2020 hat die Ukraine auch den Europameister hinter sich gelassen. Unter der Regentschaft der lebenden Fußball-Legende Andrij Schewtschenko lieferten die Osteuropäer eine souveräne Qualifikation ab und schafften als ungeschlagener Gruppensieger noch vor Cristiano Ronaldos Portugiesen den Sprung zur EM. Dort bekommt es die Ukraine mit den Niederlanden, Österreich und Nordmazedonien zu tun. Der Sprung in die K.-o.-Phase ist erklärtes Ziel.
„Ich denke, die Ukraine hat gute Chancen, den Aufstieg zu schaffen“, meinte Schewtschenko nach der Auslosung. Mit dem 44-Jährigen sitzt der Star des Teams auf der Bank. Der ehemalige Weltklassestürmer von AC Milan und Gewinner des Ballon d‘Or (2004) machte in seiner Karriere als Trainer keine Umwege. Im Februar 2016 wurde er Co-Trainer der Nationalmannschaft, wenige Monate später wurde Schewtschenko zum Chefcoach befördert, nachdem sich die Ukraine bei der EM 2016 schon nach der Gruppenphase mit drei Niederlagen verabschiedet hatte.
Russland-WM verpasst
Die WM in Russland verpassten die „Schowto-Sini“ („Gelb-Blauen“), der schon bei seiner Bestellung umstrittene Schewtschenko musste sich wachsender Kritik stellen. Danach legten die Ukrainer aber einen Lauf hin. Sechs Siege und zwei Remis schrieben sie in der EM-Qualifikation an. Aufsehen erregte auch das 1:0 gegen Spanien in der Nations League im Oktober des Vorjahres. Eine Woche davor war die nach einigen Coronafällen stark ersatzgeschwächte Mannschaft Weltmeister Frankreich in einem Freundschaftsspiel noch mit 1:7 unterlegen.
In der laufenden WM-Qualifikation hält die Ukraine nach drei Unentschieden in drei Spielen Platz zwei hinter den „Bleus“. Was auffällt: Die Mannschaft schießt wenig Tore, bekommt aber auch kaum welche. 17:4 lautete das Torverhältnis nach acht Spielen in der EM-Qualifikation. Bester Torschütze war Roman Jaremtschuk mit vier Treffern. Ein würdiger Nachfolger von Schewtschenko ist der Stürmer vom belgischen Club KAA Gent aber nur bedingt.
Der Teamchef setzt auf eine kompakte Einheit - und italienische Hilfe. Mit den Assistenztrainern Mauro Tassotti und Andrea Maldera ist ein Grund für die defensive Stabilität womöglich gefunden. Die namhaftesten Akteure sind im Mittelfeld zu finden. Ruslan Malninowskyj ist beim Serie-A-Spitzenclub Atalanta Bergamo gesetzt, Oleksander Sintschenko spielt bei Englands Meister Manchester City. Ein Problem ergibt sich bei Starspieler Andrij Jarmolenko: Der Stürmer von West Ham United hat nach einem Bänderriss im Knie im Frühjahr kaum gespielt.
Abseits der Legionäre stellen die heimischen Aushängeschilder Schachtar Donezk und Dynamo Kiew einen Großteil des Kaders. 35 Mann berief Schewtschenko in seinen Großkader ein, 15 kamen von Meister Kiew, acht von Schachtar. Die internationalen Erfolge der beiden Clubs übertünchen freilich die Probleme in der Heimat. In der ehemaligen Sowjetrepublik hat der seit 2014 laufende bewaffnete Konflikt mit Russland auch im Fußball Spuren hinterlassen.
Mehr als 20 Clubs wurden wegen finanzieller Probleme aufgelöst. Prominente Namen sind Dnipro Dnipropetrowsk und Metalist Charkiw. Dnipro stand 2015 noch im Finale der Europa League, nachdem die Unterstützung des Oligarchen Ihor Kolomojskyj weniger wurde, erfolgte nach Zwangsabstiegen 2019 das endgültige Aus. Metalist schlitterte nach dem Abgang von Eigentürmer Serhij Kurtschenko, der sich nach Moskau abgesetzt haben soll, ebenfalls in den Konkurs.
Schachtar trägt seine Heimspiele seit 2016 in Charkiw aus. Davor war das mehr als 1.000 km westlich von Donezk gelegene Lwiw zwei Jahre lang Heimstätte des Clubs aus der schwer umkämpften Ostukraine. Über Wasser halten Schachtar die Millionen des reichsten Ukrainers, Rinat Achmetow. Auch der Oligarch soll im Zuge des Kriegs Milliarden verloren haben, sein Vermögen wuchs inzwischen laut „Forbes“ aber wieder auf 7,5 Milliarden Dollar an. Die erste ukrainische Liga umfasst aktuell 14 Mannschaften, nachdem sie zwischenzeitlich von 16 Teilnehmern auf 12 reduziert wurde. Ein Aufschwung ist dennoch kaum in Sicht.
Steckbrief von Ukraine:
Teamchef: Andrij Schewtschenko
Bekannteste Spieler: Oleksandr Sintschenko (Manchester City), Andrij Jarmolenko (West Ham United)
FIFA-Weltrangliste: 24.
WM-Teilnahmen: 1 (2006)
EM-Teilnahmen (inklusive 2021): 3
Größter Erfolg: WM-Viertelfinale 2006
Der Kader:
Tor:
1 Georgi Buschtschan (Dynamo Kiew)
12 Andrej Pjatow (Schachtar Donezk)
23 Anatoliy Trubin (Schachtar Donezk)
Abwehr:
2 Eduard Sobol (FC Brügge)
4 Sergej Kriwzow (Schachtar Donezk)
13 Ilja Sabarny (Dynamo Kiew)
16 Witali Mykolenko (Dynamo Kiew)
17 Alexander Sintschenko (Manchester City)
21 Alexander Karawajew (Dynamo Kiew)
22 Nikolai Matwienko (Schachtar Donezk)
24 Alexander Tymtschik (Dynamo Kiew)
25 Denis Popow (Dynamo Kiew)
Mittelfeld:
3 Georgij Sudakow (Schachtar Donezk)
5 Sergej Sidortschuk (Dynamo Kiew)
6 Taras Stepanenko (Schachtar Donezk)
8 Ruslan Malinowskyi (Atalanta Bergamo)
10 Nikolaj Schaparenko (Dynamo Kiew)
11 Marlos (Schachtar Donezk)
14 Jewgeni Makarenko (KV Kortrijk)
15 Wiktor Zygankow (Dynamo Kiew)
18 Roman Besus (KAA Gent)
Angriff:
7 Andrej Jarmolenko (West Ham United)
9 Roman Jaremtschuk (KAA Gent)
19 Artjom Bessedin (Dynamo Kiew)
20 Olexander Subkow (Ferencvaros)
26 Artem Dowbyk (SC Dnipro-1)
Trainer:
Andrej Schewtschenko
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