Weichenstellung bei den Corona-Impfungen: Die EU-Arzneimittelbehörde EMA soll am Freitag über die Zulassung von Biontech/Pfizer für Kinder ab zwölf Jahren entscheiden. Eine Zulassung gilt als wahrscheinlich. Bisher ist in der EU noch kein Impfstoff für Kinder zugelassen. Die Vorbereitungen hierzulande laufen: Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) hat für den Herbst bereits Impfstationen an den Schulen und mobile Teams als Möglichkeiten zur Impfung von Schülern in Aussicht gestellt. Und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) rät Eltern zur Impfung ihrer Kinder. International sorgt die Corona-Schutzimpfung für Kinder und Jugendliche jedoch für Kontroversen. So sprach sich Weltärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery am Mittwoch dagegen aus.
„Wenn ein Impfstoff von der EMA zugelassen wird, ist sichergestellt, dass es sich um einen hocheffektiven und sicheren Impfstoff handelt. Ich würde auch meine Töchter damit impfen“, sagte Mückstein am Mittwoch auf Anfrage des „Standard“. Und dasselbe rate er anderen Eltern sowie den Jugendlichen selbst, so der Minister gegenüber der Zeitung.
Der Gesundheitsminister hatte zuletzt angekündigt, den rund 340.000 Zwölf- bis 15-Jährigen „bald ein Impfangebot machen“ zu wollen, einen genauere Zeitplan hat er bislang noch nicht bekannt gegeben.
Außerordentliche Expertensitzung am Freitag
Die EU-Arzneimittelbehörde wird voraussichtlich am Freitag über die Zulassung des Corona-Impfstoffs der Hersteller Biontech/Pfizer für Kinder ab zwölf Jahre entscheiden. Der zuständige Experten-Ausschuss werde am Freitag zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenkommen, teilte die EMA am Mittwoch in Amsterdam mit. Anschließend wolle die Behörde das Ergebnis bekannt geben.
Eine Zulassung gilt als wahrscheinlich. Der deutsche Hersteller Biontech und sein US-Partner Pfizer hatten die Erweiterung der Zulassung des Impfstoffes auch für Zwölf-bis 15-Jährige beantragt. Bisher ist das Mittel nur für Menschen ab 16 Jahren in der EU zugelassen. Auch das US-Unternehmen Moderna will für seinen Corona-Impfstoff eine Zulassung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren beantragen. Der Impfstoff schütze auch Heranwachsende zwischen zwölf und 17 Jahren zuverlässig vor einer Covid-19-Erkrankung, hatte der Hersteller am Dienstag mitgeteilt.
Empfehlung in Österreich nach EMA-Zulassung fix
Die Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, geht davon aus, dass in Österreich der Impfstoff nach einer EMA-Zulassung auch vom Nationalen Impfgremium empfohlen wird. „Wir erwarten nicht, dass die Zulassung der EMA auf großen wissenschaftlichen Widerstreit stoßen wird“, so Reich im Ö1-„Mittagsjournal“. Das Thema sei bereits im Vorfeld in den verschiedenen Gremien und Netzwerken gut abgesprochen worden, weil es eben durchaus heikel sei.
„Jeder von der EMA zugelassene Impfstoff durchläuft ein präzises und verantwortungsvolles Prüfverfahren. Wenn ein Impfstoff von der EMA zugelassen wird, ist sichergestellt, dass es sich dabei um einen hocheffektiven, sicheren und ausgezeichneten Impfstoff handelt“, wurde auf APA-Anfrage im Gesundheitsministerium betont. Letztendlich hätten sich „auch in den vergangenen Monaten die europäischen Empfehlungen durch die EMA stets als wegweisend und sicher erwiesen“.
Weltärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery sprach sich allerdings am Mittwoch dagegen aus, Minderjährigen eine Corona-Impfung zu empfehlen: „Gegenwärtig gibt es noch zu wenig Daten, die Aussagen über das Risiko der Corona-Impfung bei Kindern zulassen.“ Es sei aber bekannt, dass der Krankheitsverlauf bei Kindern deutlich geringer und weniger gefährlich sei als bei Erwachsenen oder Betagten.
Am Ende könne die Studienlage auch ergeben, dass „das Risiko der Impfung von Kindern größer ist als das der Erkrankung in dieser Altersgruppe“, so Montgomery. „Dann wird man sogar von der Impfung abraten müssen.“ Im Gegenzug müsse der Impfschutz in allen anderen Altersgruppen verbessert werden.
Impfungen zunächst außerhalb, ab Herbst an den Schulen
Nach erfolgter Zulassung würde in Österreich aufgrund der Sommerferien zunächst außerhalb von Schulen mit den Impfungen begonnen werden, betonte Reich. Ab September würden dann in Absprache mit dem Bildungsministerium die Schulen mit einbezogen. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) hatte bereits in der Vorwoche im Nationalrat zwei Möglichkeiten dafür in Aussicht gestellt - entweder könnten in größeren Schulen Impfstationen eingerichtet werden oder mobile Teams zum Einsatz kommen.
In den USA und Kanada darf das Mittel bereits bei Kindern angewendet werden. Nach Angaben der Hersteller beweisen Studien die sehr gute Wirksamkeit und Verträglichkeit des Präparats auch bei Kindern. Von den in der EU bisher zugelassenen vier Impfstoffen ist noch keines für Kinder zugelassen.
Große Einbrüche bei den Schulimpfungen
In Österreich sind die meisten wichtigen Schutzimpfungen im kostenlosen Kinderimpfkonzept enthalten, viele werden im Rahmen der Schulimpfungen verabreicht. Das ist momentan auch das Problem, denn aufgrund der wenigen Präsenztage in der Schule und der COVID-19-Schutzmaßnahmen wurden im letzten Jahr teilweise weniger als 50 Prozent der notwendigen Impfungen durchgeführt. Ein Konzept, wie diese nachzuholen sind, gibt es laut dem Österreichischen Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH) vorerst nicht. Um ihre Kinder zu schützen, sollten Eltern nun selbst die Initiative ergreifen und ihre Kinder impfen lassen, hieß es am Mittwoch. Ein Datenblatt des Verbands finden Sie hier.
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