Fall wird untersucht

Antisemitischer Übergriff auf Studentin in Wien

Wien
28.05.2021 09:05

Ein körperlicher sowie verbaler Übergriff auf eine 19 Jahre alte Studentin aus Kärnten in der Wiener U3 sorgt für Kopfschütteln - doch nicht nur die Tat an sich, sondern auch das vom Opfer geschilderte Verhalten von Polizisten, bei denen die junge Frau nach der Tat Hilfe suchte. Denn die Beamten sollen der 19-Jährigen empfohlen haben, den Vorfall am besten zu vergessen.

Die junge Frau studiert in der Bundeshauptstadt Judaistik, befand sich kürzlich in der Wiener U3 und las ein Buch mit dem Titel: „The jews in the modern world“ (Die Juden in der modernen Welt). Dies erregte offenbar die Aufmerksamkeit dreier Männer, schilderte die 19-Jährige im Ö1-„Morgenjournal“. Diese seien aufgestanden, einer von ihnen habe sie plötzlich an den Haaren gezogen und sie beschimpft - nach Angaben der Studentin mit den Worten „Judenschlampe“ und „Kindsmörderin“. 

Polizisten reagierten anders als erhofft
Bei der U-Bahn-Station Stephansplatz gelang es der 19-Jährigen, aus dem Waggon zu steigen. Geschockt von dem Vorfall habe sie Hilfe bei zwei Polizisten gesucht, die sie auf der Kärntner Straße gesehen habe. Sie habe das Erlebte geschildert und von einem antisemitischen Übergriff gesprochen, doch die Reaktion der Beamten sei nicht die erhoffte gewesen. 

So sei die erste Frage gewesen, weshalb sie ein derartiges Buch „unbedingt jetzt in dieser Konflikt-Situation lesen“ müsse und ob ihr nicht klar sei, dass das provozieren würde. Des Weiteren sei sie gefragt worden, ob sie denn Jüdin sei. Als die 19-Jährige verneinte, sei ihr gesagt worden, dass man in diesem Fall nicht von Antisemitismus sprechen könne, berichtete die Studentin.

(Bild: Wiener Linien/Manfred Helmer)

Auf einer Polizeistation würde sie dasselbe zu hören bekommen, habe es auf die Frage der jungen Frau geheißen, was sie denn nun tun könne. Ebenso die Täter ausfindig zu machen, sei schwer, sei ihr erklärt worden. Dies habe sie verwundert, meinte die Studentin, denn die U-Bahn sei doch mit Kameras ausgestattet. Der Rat der Polizisten zum Abschluss: den Vorfall am besten vergessen. Einige Tage danach wandte sich die junge Frau selbst an die Wiener Linien, doch dort sei ihr mitgeteilt worden, dass das Videomaterial nur 72 Stunden lang gespeichert und danach gelöscht wird. 

Landau: Vorfall „ungeheuerlich“
Bildungsexperte Daniel Landau - er arbeitet derzeit am Ausbildungsmodul für Antisemitismus-Sensibilisierung bei der Wiener Polizei - bezeichnete den Vorfall als „ungeheuerlich“. Dem Opfer vorzuwerfen, die Tat selbst ausgelöst zu haben, dürfe nicht passieren, betonte er gegenüber Ö1. Für ihn sei der Vorfall sehr wohl als antisemitischer einzustufen.

Seitens der Landespolizeidirektion Wien und des Innenministeriums hieß es auf Anfrage, dass man derartige Beschwerden sehr ernst nehme. Das zuständige Stadtpolizeikommando sei beauftragt worden, den Vorfall zu untersuchen.

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