Nur kurze Zeit nach der Präsentation der Islam-Karte am Donnerstag, die seitens des Integrationsministeriums und Islam-Experten vorgestellt worden war (siehe Video oben), sah sich der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirates der Dokumentationsstelle, Mouhanad Khorchide, mit einer Drohung konfrontiert. In einem Instagram-Video, das, wie es heißt, dem salafistischen Milieu in Deutschland zuzuordnen ist, wird der Islamwissenschaftler als Ungläubiger bezeichnet. Unterdessen reißt die Kritik an dem Projekt nicht ab. Am Freitag warnte SOS Mitmensch vor einer möglichen Gefährdung von Muslimen in Österreich. Unterstützung erhielt das Projekt von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
Das Video basiere auf älteren Videoausschnitten, ist nach „Krone“-Informationen in einer Sachverhaltsdarstellung der Dokumentationsstelle zu lesen. U.a. werde Khorchide darin seitens des bekannten deutschen Salafisten Pierre Vogel als Kafir („Ungläubiger“) genannt, der „den Islam zerstören will“. Das bedeutet in der salafistischen Tradition ein vom Glauben Abgefallener, der mit dem Tod bestraft werden muss.
Jener User, der das Video verbreitete, nenne sich selbst Jundoullah, übersetzbar mit „Soldat Allahs“. In dessen Profilbeschreibung würden sich zudem Inhalte finden, die sich „gegen die Feinde Allahs“ richten würden, hieß es weiter. Diese Terminologie könne vor allem auch „in Zusammenhang mit Todesdrohungen“ wie auch „Anschlägen und Attentaten“ beobachtet werden. Neben diesem Clip habe der User auch weitere salafistische Predigten geteilt. Noch am Abend informierte der Islamwissenschaftler über die Dokumentationsstelle die Polizei.
Bereits in der Vergangenheit war Khorchide Ziel von Drohungen aus dem islamistischen Milieu gewesen und steht in Deutschland bereits unter Polizeischutz. Er befinde sich nun wieder auf dem Weg nach Deutschland, erklärte er am Freitag gegenüber der „Krone“. „Mir ist es wichtig zu appellieren, inhaltliche Kritik zu äußern und nicht diffamierende Aussagen zu treffen“, betonte Khorchide. „Wir werden uns nicht einschüchtern lassen. Das wollen ja diese Leute, weil unsere Arbeit ihre Vorgehensweise entlarvt. Wir werden unsere wissenschaftliche Arbeit in der Dokumentationsstelle Politischer Islam fortsetzen.“
Wir werden uns nicht einschüchtern lassen.
Der Wissenschaftlichen Beirat der Dokumentationsstelle, Mouhanad Khorchide zur „Krone"
Kritik an Islam-Landkarte
Die sogenannte Islam-Karte hatte bereits am Donnerstag für reichlich Kritik gesorgt. So ortete etwa die Muslimische Jugend Österreich ein gefährliches Beispiel für den Generalverdacht gegen Muslime. Unter dem Deckmantel von Transparenz und Dialogbereitschaft werden islamische Organisationen und Einrichtungen einem massiven Sicherheitsrisiko ausgesetzt, so die Argumentation. Auch die in der Regierung vertretenen Grünen distanzierten sich von dem Projekt.
Uni Wien nimmt Abstand von Projekt
Indes nahm auch die Universität Wien Abstand von dem Projekt - sie untersagte die Verwendung ihres Logos auf der Website, wie orf.at am Freitag berichtete. Der Rektor der Universität Wien, Heinz Engl, distanzierte sich „insbesondere vom ,Impressum‘, in dem zur Meldung von ,Informationen zu einzelnen Vereinen oder Moscheen‘ aufgefordert wird“. Und weiter: „Da dort auch darauf hingewiesen wird, dass die Berichte und Informationen nicht für inhaltliche Positionen der Universität Wien stehen, habe ich die Verwendung des Logos der Universität Wien untersagt.“
Der Leiter des Projekts, Ednan Aslan, konnte gegenüber der APA das Vorgehen nicht nachvollziehen und verwies auf den Kooperationsvertrag mit der Universität. Die Verwendung des Uni-Logos sei in dem unterzeichneten Vertrag nicht explizit geregelt, das Logo sei aber ohnehin „nicht entscheidend“. Freitagnachmittag wurde das Logo von der Website entfernt. Stattdessen prangte dort der Hinweis: „Ein Projekt der Universität Wien - Institut für islamisch-theologische Studien - Islamische Religionspädagogik“.
Kanzler stellt sich hinter Projekt
Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stellte sich hinter das Projekt. Bei der Islam-Karte handle es sich um ein wissenschaftliches Projekt von anerkannten Professoren. Er sei davon überzeugt, dass dieses einen positiven Beitrag leisten können und leisten werde. Im Integrationsministerium sieht man kein Problem mit der Veröffentlichung der Adressen. Gegenüber Ö1 hieß es am Freitag, diese seien aus dem Vereinsregister, wo man diese auch abrufen könne.
Anwältin: Da ist schlampig gearbeitet worden
Sammelabfragen seien nach dem Vereinsgesetz nicht zulässig, widersprach Anwältin Maria Windhager. Sie ist sich sicher, dass Persönlichkeitsrechte verletzt werden und Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden könnten. Dass so schlampig gearbeitet worden sei, mache betroffen.
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