Tests an Uiguren

China soll mit KI-Kamera Emotionen auslesen können

Digital
28.05.2021 12:51

In der chinesischen Provinz Xinjiang, in der eine Million Mitglieder der Minderheit der Uiguren in Umerziehungslagern festgehalten werden sollen, testet Peking neue Überwachungstechnologie. Informanten zufolge handelt es sich um eine KI-Kamera zur Emotionserkennung, mit der der Staat in die Gedankenwelt der Bevölkerung blicken will. Die chinesische Hightech-Industrie wird beschuldigt, die nötige Technologie bereitzustellen.

Unterlagen über den Emotionsdetektor wurden der BBC von Informanten zugetragen. Das Mustererkennungssystem soll winzige Veränderungen im Gesichtsausdruck bis auf Ebene der Poren erkennen und einordnen können. Als Ergebnis gibt es ein Diagramm aus, das im Wesentlichen darüber Auskunft geben soll, ob der Gescannte gute oder böse Gedanken hegt.

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Die Regierung nutzt Uiguren als Testsubjekte für verschiedene Experimente, genau wie Laborratten.

Informant zur BBC

Der Informant berichtet: „Wir platzierten die Kamera zur Emotionserkennung drei Meter vor dem Subjekt. Es ist vergleichbar mit einem Lügendetektor, nur weit fortschrittlichere Technologie.“ Getestet habe man das System an Gefangenen, die man auf einem Rückhaltestuhl fixiert hatte. Der Informant weiter: „Die Regierung nutzt Uiguren als Testsubjekte für verschiedene Experimente, genau wie Laborratten.“

Das KI-System soll winzige Veränderungen im Gesichtsausdruck bis auf Ebene der Poren erkennen und einordnen können. (Bild: stock.adobe.com)
Das KI-System soll winzige Veränderungen im Gesichtsausdruck bis auf Ebene der Poren erkennen und einordnen können.

China weist Berichte zurück
Menschenrechtler verurteilen solche Versuche, zumal auf Personen in einer Ausnahmesituation angewandt. Mit den Berichten konfrontiert, dementieren offizielle Vertreter Chinas die Tests: „Das Volk lebt in Harmonie unabhängig seiner ethnischen Hintergründe und genießt ein stabiles und friedvolles Leben ohne Einschränkung der persönlichen Freiheit.“ China-Experten zufolge wird die Bevölkerung von Xinjiang aber sehr wohl überwacht.

Ein China-Kenner berichtet von staatlichen DNA-Datenbanken und Zwangsüberwachung per Handy-App. China begründet die verstärkte Überwachung der Uiguren mit Terrorgefahr. (Bild: AP)
Ein China-Kenner berichtet von staatlichen DNA-Datenbanken und Zwangsüberwachung per Handy-App. China begründet die verstärkte Überwachung der Uiguren mit Terrorgefahr.

Der Anthropologe Darren Byler, der an der Universität Colorado Boulder forscht, berichtet von DNA-Datenbanken und digitaler Überwachung über eine staatliche Smartphone-App. „Das Leben der Uiguren dient dazu, Daten zu generieren.“ Wer ohne Smartphone angetroffen werde, riskiere eine Strafe. Die Daten werden laut der NGO Human Rights Watch in Folge mit KI-Algorithmen analysiert, verdächtiges Verhalten wird markiert.

Huawei soll Tools für Regierung entwickeln
Die Technologie für die Überwachung einzelner Volksgruppen soll von chinesischen Konzernen stammen, von denen man manche auch im Ausland kennt. So berichtet das US-Analystenhaus IPVM von einem Patent, das Huawei und die chinesische Akademie der Wissenschaften 2018 eingereicht haben sollen und das eine KI-Software beschreibt, die Menschen auf Basis ihrer ethnischen Herkunft kategorisiert.

Der Huawei-Konzern weist jede Verbindung zur Regierung zurück und betont, das Unternehmen dulde den Einsatz seiner Technologie zur Diskriminierung von Minderheiten nicht. (Bild: AFP)
Der Huawei-Konzern weist jede Verbindung zur Regierung zurück und betont, das Unternehmen dulde den Einsatz seiner Technologie zur Diskriminierung von Minderheiten nicht.

Auch an anderen Projekten für die Überwachungsindustrie soll Huawei mitgewirkt haben. Der IT-Konzern hält dem entgegen, dass man „die Nutzung von Technologie zur Unterdrückung von Menschen irgendeiner Gemeinschaft nicht gestattet“. Man sei unabhängig von der Regierung in Peking.

Videoüberwachung ist in China omnipräsent
Auch andere Elektronikunternehmen sollen Tools zur Erkennung von Uiguren entwickelt haben. Eine Firma hält den Vorwürfen entgegen, dass ihr System ja alle 56 anerkannten Minderheiten in China erkenne, nicht nur Uiguren.

Tatsächlich ist die lückenlose Überwachung der Bevölkerung nicht auf Xinjiang beschränkt. Von geschätzten 800 Millionen Überwachungskameras weltweit soll die Hälfte in China stehen. Hinzu kommen intelligente Städte, in denen alles vernetzt ist und Daten generiert.

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Sobald man die Wohnung verlässt und in den Lift steigt, wird man von einer Kamera aufgenommen.

Journalist aus Chongqing

Ein investigativer Journalist, der in einer solchen Stadt wohnt, erzählt über das Leben in Chongqing mit seinen 30 Millionen Einwohnern: „Sobald man die Wohnung verlässt und in den Lift steigt, wird man von einer Kamera aufgenommen. Es gibt überall Kameras. Wenn ich mit dem Taxi fahre, lädt die Taxifirma meine Daten zur Regierung hoch. Wenn ich mich mit Freunden treffe, wissen die Behörden über die Kamera im Café Bescheid.“

Er habe hinterher schon Anrufe von staatlicher Stelle erhalten, in denen vom Kontakt zu gewissen Freunden abgeraten wurde. „Durch künstliche Intelligenz können wir uns nirgends mehr verstecken“, sagt er.

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