Wegen EU-Sanktionen

Unter Druck: Lukaschenko beklagt sich bei Putin

Ausland
28.05.2021 22:50

Angesichts neuer EU-Sanktionen hat sich der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko bei Russlands Präsident Wladimir Putin über den wachsenden Druck des Westens auf sein Land beklagt. So werde die staatliche Fluglinie Belavia bestraft durch EU-Maßnahmen nach der Zwangslandung der Ryanair-Maschine, obwohl sie nichts mit dem Vorfall zu tun habe, sagte Lukaschenko am Freitag in Sotschi am Schwarzen Meer bei einem Treffen mit Putin, dem bereits dritten in diesem Jahr. Belavia hatte nach einer Entscheidung über Flugverbote seine Verbindungen in die EU-Staaten einstellen müssen. Westliche Airlines umfliegen den weißrussischen Luftraum.

Putin lächelte beim Wiedersehen mit Lukaschenko und kritisierte, dass 2013 das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten zur Landung in Österreich gezwungen worden sei, ohne dass es Reaktionen der EU gegeben habe. „Damals herrschte Ruhe“, meinte Putin mit Blick auf die US-Operation. Die bolivianische Maschine war damals in Wien-Schwechat gelandet, weil angenommen wurde, der von den USA gesuchte Ex-Geheimdienstler Edward Snowden befände sich an Bord. Snowden lebt in Russland.

(Bild: AFP)

Die Konfrontation zwischen Weißrussland und dem Westen spitzte sich zuletzt zu, weil Lukaschenko die Ryanair-Passagiermaschine am Sonntag auf den Boden bringen ließ, um einen seiner Gegner festnehmen zu lassen. Der Oppositionsaktivist und Blogger Roman Protassewitsch kam nach der Zwangslandung in Haft. Mit ihm festgenommen wurde auch seine Freundin Sofia Sapega, die russische Staatsbürgerin ist. Die EU erließ wegen des Eingriffs in den Luftverkehr neue Sanktionen gegen Minsk und forderte die Freilassung von Protassewitsch, Sapega und Hunderten anderen politischen Gefangenen.

Lukaschenko sagte Putin, er habe Dokumente in seinem Aktenkoffer mitgebracht, um zu beweisen, wie versucht werde, die Lage in Weißrussland wie im August des vergangenen Jahres zu destabilisieren. Damals hatte es Massenproteste gegen den von seinen Kritikern als „letzter Diktator Europas“ bezeichneten Langzeitherrscher gegeben. Putin hatte nach der umstrittenen Präsidentenwahl Lukaschenko als Sieger anerkannt, die EU aber nicht.

Putin sagt Lukaschenko Unterstützung zu
Der Kremlchef betonte mehrmals, dass er seinen Kollegen in der Konfrontation mit dem Westen unterstütze. Der Handel zwischen beiden Ländern habe zugenommen, „das ist eine gute Tendenz“, meinte Putin, der Lukaschenko an der Schwarzmeerküste auch zum Baden einlud. Die Zusammenarbeit solle fortgesetzt werden. Thema war auch die von Moskau angestrebte Union zwischen Russland und Weißrussland. Putin erklärte, dass die Integration voranschreite, aber ohne Eile. „Sie und ich sind in die Fragen des Aufbaus des Unionsstaates involviert, wir tun dies, wie wir vereinbart hatten, ausgehend von der Prämisse, die Interessen sowohl Weißrusslands als auch Russlands zu gewährleisten“, sagte der russische Präsident.

Kurz vor dem Treffen Lukaschenkos mit Putin hatten einzelne gestrichene Moskau-Flüge europäischer Fluggesellschaften für Verwirrung gesorgt. Sowohl die Austrian Airlines als auch die französische Air France mussten wegen fehlender Genehmigung aus Moskau Flüge in die russische Hauptstadt absagen. Russland hatte europäischen Airlines alternative Routen - in Umgehung von Weißrussland - nach Moskau verwehrt. Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach am Freitag von „technischen Problemen“, die beseitigt werden sollten. Der Flugverkehr zwischen der EU und Russland soll demnach ungeachtet des Streits mit Weißrussland ohne Behinderungen laufen. 

Die Boeing 737-8AS von Ryanair bei der Landung in Vilnius (Bild: AFP)
Die Boeing 737-8AS von Ryanair bei der Landung in Vilnius

Ryanair-Maschine noch vor Drohung umgeleitet
Zu der umstrittenen Ryanair-Zwangslandung unterstützt Russland nach eigenen Angaben eine internationale Untersuchung. In den ersten Darstellungen Lukaschenkos, er habe wegen einer Bombendrohung aus der Schweiz gehandelt, gab es Widersprüche. Die Ryanair-Maschine war nämlich noch vor Eingang der Drohung umgeleitet worden, wie der E-Mail-Dienst Protonmail am Freitag in Genf bestätigte. Die angebliche Warnung, auf die sich Lukaschenko für die Umleitung der Maschine berief, wurde von einem Server dieses Dienstes versandt.

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