Die Debatte um die heftig umstrittene Islamlandkarte reißt nicht ab. Kritik kommt dabei nicht nur von politischer Seite: Auch Vertreter mehrerer Religionsgemeinschaften äußern mittlerweile scharfe Kritik an der Aktion - die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) kündigte indessen gar eine Klage wegen mutmaßlicher Verletzung von Persönlichkeits- und Datenschutzrechten an. Der Initiator der Karte - Ednan Aslan von der Universität Wien - beklagt indessen mehrere Morddrohungen. Er steht nach eigenen Angaben mittlerweile unter Polizeischutz.
„Die Veröffentlichung sämtlicher Namen, Funktionen und Adressen von muslimischen und als muslimisch gelesenen Einrichtungen stellt eine nie dagewesene Grenzüberschreitung dar“, hieß es in einer Aussendung der Jugendorganisation am Samstag.
„Kriminalisierung beenden“
„Diese Kriminalisierung muslimischen Lebens muss so schnell wie möglich beendet und die Islam-Landkarte offline genommen werden“, fordert die Muslimische Jugend. Sie kritisiert die Verletzung von Persönlichkeits- und Datenschutzrechten von Einrichtungen und Privatpersonen. Welche Schritte genau ergriffen werden sollen, wird nach Angaben einer Sprecherin derzeit von der Anwältin der Organisation geprüft.
Aslan sieht Vorgangsweise als korrekt an
Der Initiator der Landkarte, der Wiener Professor für islamische Religionspädagogik, Ednan Aslan, hält sein Vorgehen für rechtlich korrekt. „Die Fachleute, die mich beraten haben, sehen darin kein Problem, weil ich begründen kann, für welche wissenschaftlichen Zwecke ich diese Daten verwende“, verteidigt Aslan die Veröffentlichung der Adressen.
Außerdem verweist er darauf, dass die verwendeten Adressen auch im Vereinsregister öffentlich zugänglich sind. Allerdings lässt das Vereinsregister keine Sammelabfragen zu und erlaubt nur die Suche nach einzelnen, namentlich bekannten Vereinen, während die Karte hunderte Vereine auflistet.
Karte schon seit 2011 im Einsatz
Aslan versichert, dass die Landkarte keinesfalls den „politischen Islam“ in Österreich dokumentieren soll und von ihm schon seit 2011 betrieben wird. Zwar wird sie von der „Dokumentationsstelle politischer Islam“ gefördert und bei einer Pressekonferenz dieser Einrichtung präsentiert, aber, so Aslan: „Dort haben viele Leute ihre Arbeit vorgestellt.“
Er berichtet außerdem, nach Drohungen im Gefolge der Karten-Präsentation unter Polizeischutz zu stehen. Er habe schon viele Drohungen erlebt, aber die jüngsten Angriffe seien sehr beunruhigend.
Privatadressen öffentlich einsehbar
Vertreter einiger der in der Karte aufgelisteten 600 Vereine kritisierten, dass sie dort mit Privatadressen genannt werden und teilweise auch veraltete Einträge noch online sind. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Ümit Vural, sprach von einem „massiven Sicherheitsrisiko“ für Muslime.
Auch der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka forderte, die Karte offline zu nehmen. Außerdem plädiert er für die Rückübersiedlung der Religionsagenden in der Regierung vom Integrations- ins Bildungsministerium.
Mit der Islamlandkarte möchte das Integrationsministerium die Transparenz im Kampf gegen radikale Tendenzen verstärken. Während die Universität Wien sich gegen die Verwendung ihres Logos im Zusammenhang mit der Karte wehrt, warnte SOS Mitmensch vor einer möglichen Gefährdung von Muslimen in Österreich. Unterstützung erhielt das Projekt von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
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