„4 Schachteln am Tag“

Die Lebensbeichte eines Kettenrauchers

Tirol
30.05.2021 15:00

Chronischer Sauerstoffmangel, Panikattacken und die ständige Angst, zu ersticken. Die „Krone“ traf den ehemaligen Kettenraucher und jetzigen COPD-Patienten Karsten Hirsch im Reha-Zentrum Münster in Tirol. Eine offene und bewegende Lebensbeichte zum Weltnichtrauchertag am 31. Mai.

Karsten Hirsch ringt nach Luft - laut und schwer. Der 50-Jährige sitzt im Reha-Zentrum Münster mit seinem Arzt Bernhard Puchner zusammen. Sie besprechen, wie es nach der dreiwöchigen Rehabilitation weitergeht. Der Patient ist guter Dinge: „Ich fühle mich gerade stark. Habe meine Atemtechnik verbessert, Muskeln aufgebaut, Kraft geschöpft.“

Lungenfunktion ist bereits stark eingeschränkt
Karsten Hirsch hat COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung), Stadium vier. Danach gibt es nichts mehr. Seine Lungenfunktion ist stark eingeschränkt. Sauerstoff - davon hat sein Körper immer zu wenig. „Kennen Sie das Gefühl, zu ersticken?“, fragt der 50-Jährige, „das habe ich oft.“

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COPD ist nicht nur ein körperliches Problem, sondern für mich vor allem auch ein psychisches. Angst und Panikattacken – das kenne ich gut. Aber ich werde nicht aufgeben.

Patient Karsten Hirsch

Dann erzählt er von den Panikattacken, die mit seiner Krankheit einhergehen: „COPD ist nicht nur ein körperliches Problem, sondern auch ein psychisches. Angst - auch das habe ich oft.“ Und wieder ringt der Patient nach Luft.

Karsten Hirsch mit seinem Arzt Bernhard Puchner im Reha-Zentrum Münster (Bild: Birbaumer Christof)
Karsten Hirsch mit seinem Arzt Bernhard Puchner im Reha-Zentrum Münster

„Das passiert nur den anderen, aber nicht mir“
Das Sauerstoffgerät ist unverzichtbarer Begleiter des Vorarlbergers. Früher waren es die Zigaretten. „Drei bis vier Schachteln am Tag“ seien es in Spitzenzeiten gewesen, erzählt der Mann mit dem schweren Atem. Rauchen gilt als Hauptursache für COPD. „Natürlich denkt man als junger Mensch: Das passiert nur den anderen, aber nicht mir“, beschreibt Hirsch einen Seelenzustand, den viele kennen.

Heute weiß er es besser. Mit 50 Jahren gehört er zu den jüngsten Patienten Puchners, bei denen die Erkrankung schon so weit fortgeschritten ist. Dennoch: Der Vorarlberger versucht, nicht mit dem Schicksal zu hadern. „Da geht noch was“, macht er sich selbst Mut. Die Reha hat ihm Rückenwind gegeben.

Ziel „rauchfrei“ nicht aus den Augen verlieren
Auch für sein Vorhaben, endlich keine Zigarette mehr anzugreifen. Schon mehrmals hat er geglaubt, seine Sucht besiegt zu haben. Auch im Vorjahr. Dann kam der Rückschlag. Hirsch ist klar, dass viele Menschen nicht verstehen können, wie man trotz Krankheit immer noch nicht ganz loskommt.

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Rund um mich gab es immer nur Raucher. Alle in meiner Familie haben es getan.

Patient Karsten Hirsch

Doch wer die Geschichte des 50-Jährigen kennt, weiß um den breiten Weg in die Sucht und den steinigen Pfad hinaus. „Rund um mich gab es immer nur Raucher. Alle in meiner Familie haben es getan“, erinnert sich der 50-jährige Vorarlberger. Als Vorwurf will er diese Feststellung nicht verstanden wissen.

„Werde es wieder versuchen“
Mitleid, darum geht es ihm nicht. Aber um Verständnis. Karsten Hirsch trägt schwer an seiner Last. Er möchte anderen Mut machen, das Ziel „rauchfrei“ nicht aus den Augen zu verlieren. Er selbst zahlt einen hohen Preis dafür, es nicht erreicht zu haben. „Doch ich werde es bestimmt wieder versuchen“, meint er zum Abschied. Dann ringt er nach Luft und macht sich auf den Weg.

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