„Ich sitze in meinem Schlafzimmer auf dem Boden, alles ist voller Blut. Vor mir stehen zwei Sanitäter ...“ Der grüne Abgeordnete Michel Reimon hat auf seinem Facebook-Account in bewegenden und zum Teil schockierenden Worten darüber geschrieben, dass er durch eine nicht entdeckte, vermutlich symptomlose Infektion mit dem Coronavirus an Long Covid erkrankte und deshalb seit Monaten an massiven gesundheitlichen Problemen leidet. Das Virus könnte bei ihm unter anderem Epilepsie ausgelöst haben. Es sei ein langer Weg gewesen, bis die Diagnose Long Covid klar war. Mit seinem Post will er Betroffenen helfen, denen es ähnlich ergeht.
Seit Dezember litt Michel Reimon an wiederkehrenden Erschöpfungszuständen. An manchen Tagen ging es besser, an anderen gar nicht. „Ein paar Tage Vollgas, ein paar Tage kaputt“, schreibt er. „Reiß dich zusammen“, habe er gedacht, „ein Rudi Anschober darf erschöpft sein, der hackelt 20 Stunden am Tag sieben Tage die Woche, also sei du nicht so eine Lusche.“ Es wurde immer schlimmer. Er selbst habe sich nicht mehr verstanden. Ende Jänner kam dann das im wahrsten Sinne böse Erwachen: „Ich sitze in meinem Schlafzimmer auf dem Boden, alles ist voller Blut. Vor mir stehen zwei Sanitäter und einer sagt, ah, jetzt kommt er zu Bewusstsein ... Hallo, hören Sie mich? Sie kennen sich jetzt nicht aus, oder?“
„Leicht verletzt, daher das Blut“
Reimon schreibt weiter: „Klingt wie in einem Psychothriller, aber es war ‚nur‘ ein epileptischer Anfall. Der erste in meinem Leben. Ich hatte mich dabei leicht verletzt, daher das Blut, sonst alles ok. Ich kam in eine Klinik und wurde drei Tage untersucht, aber man fand nichts.“ Eine Ursache wurde zuerst nicht gefunden. „Ein Zusammenhang mit Long Covid und der Entstehung von Epilepsie wurde im Jänner noch gar nicht wissenschaftlich diskutiert. Inzwischen gibt es Hinweise darauf, aber von Gewissheit keine Spur. Es könnte Zufall sein“, so Reimon, der daraufhin bis zur Erschöpfung weiter arbeitete, bis ihn im April ein weiterer Anfall traf.
Antikörper-Test brachte Gewissheit
„Eine gute Freundin, klinische Psychologin, der ich oft erzählte, wie es mir geht, rief mich ein paar Tage später an: ,Ich habe eine Patientin, die eins zu eins deine Symptomatik zeigt. Die hatte vor ein paar Monaten Corona. Mach einen Antikörper-Test.‘“ Zwei Tage später hatte er die Gewissheit. Er war an Corona erkrankt, doch keiner der vielen Tests hatte das je gezeigt. Er vermutet, dass er irgendwann im Dezember Corona gehabt haben könnte.
„Dass alle eure Nasen-Rachen-Tests negativ waren, heißt nur, dass ihr zu diesen Zeitpunkten das Virus nicht hattet und niemanden anstecken konntet. Es heißt nicht, dass ihr es nie hattet. Wenn ihr im Zweifel seid, macht einen Test. Ach was, ich war ja gar nicht im Zweifel. Macht lieber auf jeden Fall einen“, warnt er nun.
Öffentlich gemacht hat Reimon seine Erkrankung Long Covid, „die eigentlich nicht ,eine‘ Krankheit, sondern eine Bezeichnung für eine breite Palette von Langzeitfolgen“ ist, damit künftig Diagnosen schneller erfolgen. Er habe mit Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein darüber gesprochen. „Er richtet jetzt eine Arbeitsgruppe ein, ein besonderer Schwerpunkt soll zunächst auf der Diagnose liegen. Die Hausärzte und AllgemeinmedizinerInnen von Vorarlberg bis zum Burgenland werden jene sein, die die unerkannten Fälle von Long Covid aufspüren müssen.“
Betroffene von Long Covid leiden oft Wochen und Monate lang unter Konzentrations- und Wortfindungsstörungen, Beeinträchtigung des Geschmacks- und Geruchssinns, Atemnot und Erschöpfung. Auslöser dürfte ein Autoimmunprozess nach einer Covid-Infektion sein.
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