Wer Rammstein liebt, der muss auch die Krupps lieben. Die Düsseldorfer haben den welterfolgreichen Sound von Till Lindemann und Co. jedenfalls vorweggenommen und begeistern nun mit dem Coveralbum „Songs From The Dark Side Of Heaven“. Wir haben mit den Masterminds Jürgen Engler und Ralf Dörper im Dezember 2019 ein bisher unveröffentlichtes Interview über die bahnbrechende Karriere, Finanzkrisen, Nazi-Missverständnisse und persönliche Freiheiten geführt.
Als Jürgen Engler und der längst nicht mehr in der Band aktive Bernward Malaka aus der Punkband Male 1980 die Krupps formten, konnten weder sie selbst noch die Öffentlichkeit damit rechnen, wie wichtig und revolutionär die Kombo aus Düsseldorf einmal für die internationale Musikszene werden würde. Mit ihrer Mischung aus Punk-Attitüde, New-Wave-Chic und dem deutschen Krautrock etablierte die Band - auch durch den Einsatz des „Stahlofons“, dem Markenzeichen der Krupps - den Industrial Metal und eine elektronische Zugangsweise, die von Depeche Mode über Fear Factory bis hin zur Detroiter Technoszene übernommen wurde. Internationale Kritiker verglichen die Krupps als ähnlich inspirierend und wichtig wie Kraftwerk oder die Einstürzenden Neubauten, nur der Ruhm wollte sich nie so richtig einstellen.
Die langjährige Karriere der Krupps, die vor allem in den 90er-Jahren gewaltig an Fahrt aufnahm, ist aber auch eine der unzähligen Besetzungswechsel, der temporären Rücktritte und Wiedervereinigungen und interner Unstimmigkeiten. Geblieben sind bis heute die beiden Masterminds Engler und Dörper. Erster lebt schon seit geraumer Zeit in den USA und verdingt sich dort als Produzent für die ganz Großen der Pop- und Rockwelt, Dörper war nach seiner Punk- und Elektro-Karriere Bankenanalyst und brachte es zum Finanzmillionär, der sich heute aber lieber wieder auf seine Leidenschaft, die Musik konzentriert. Dieser Tage veröffentlichten die Krupps das Coveralbum „Songs From The Dark Side Of Heaven“, wo man Klassiker von Blue Öyster Cult über Devo bis hin zu Queen „verkruppt“. Eine Verbeugung vor den eigenen Helden. Wir durften schon Ende 2019 im Zuge ihres Auftritts in der Wiener Arena mit den Krupps über ihre bewegte Karriere sprechen.
„Krone“: Jürgen, Ralf - welche Erfahrungen und Erinnerungen habt ihr bezüglich Österreich und Wien?
Jürgen Engler: Wir haben 1982 im U4 gespielt. Das Lokal war vollgestopft mit jungen Fans und irgendwann hat mich Falco kontaktiert. Er hätte angeblich auch kommen wollen, aber zu der Zeit wusste ich nicht, dass er ein Krupps-Fan war. Er hat mich in den 90er-Jahren über seine Plattenfirma kontakten lassen, da er mich treffen wollte. Er machte eine Reise von Land zu Land zu Leuten, die ihn beeinflusst hätten und da waren wir auch ein Teil. Das muss 1996 gewesen sein.
Ralf Dörper: In der Phase, wo er orientierungsloser wurde.
Engler: Er hat sich dann mit mir in Düsseldorf getroffen und wollte in einem spanischen Restaurant essen. Ich dachte lange nicht, dass es wirklich er selbst wäre. Wir haben aber schön dinniert, über Musik geredet und er outete sich als Krupps-Fan. Das fand ich unglaublich, aber ins U4 hatte er es 1982 leider nicht geschafft. Man lernt auf Partys Exzentriker wie Al Jourgensen von Ministry oder Andrew Eldritch von den Sisters Of Mercy kennen. Es ist eine kleine Welt.
Viele diese Künstler sind noch immer da und machen großteils auch neue Musik. Damit hätte man Ende der 80er-Jahre auch nicht unbedingt gerechnet.
Engler: Das Jahr danach hat mich noch nie interessiert, aber alles was man macht, ist für die Ewigkeit. Zumindest für die Lebzeit. Ich habe früher überhaupt kein einziges Jahr nach vorne geschaut. Man findet heute ja auch Dinge aus der Vergangenheit, die man gar nicht mehr sehen will. (lacht)
Würdet ihr heute, in der Gegenwart, eigentlich wieder gerne künstlerisch jung sei wollen? Mit einer Band frisch durchstarten?
Engler: Nein. Ich bin froh, dass ich damals aufgewachsen bin, aber ich möchte nicht mehr dorthin zurück. Ich lebe im Jetzt, das war schon immer so. Die Vergangenheit interessiert mich nur sekundär. Es sind interessante Dinge passiert, aber es war nicht alles rosig. Ich bin kein romantischer Nostalgiker.
Dörper: Heute hast du als einzigen Vorteil, dass selbst wenn du in der Provinz bist, du dich global verwirklichen kannst. Man bekommt leicht mit, was außerhalb des kleinen Dorfes passiert. Damals lebten wir in einem Düsseldorfer Mikrokosmos und merkten erst nach und nach, dass es in Berlin und Hamburg ähnlich Gesinnte gibt. Heute hast du Gleichgesinnte in Buenos Aires und Tokio und kannst mit denen gleich arbeiten.
Engler: Als wir 1976 mit Musik angefangen haben, war mir nicht klar, dass irgendwo in Deutschland jemand etwas ähnliches macht. Die englischen Musikzeitschriften hast du schon bekommen, aber das war’s auch schon. Heute kannst du unzählige Optionen ziehen.
Dörper: Ende der 70er-Jahre hast du theoretisch Gleichgesinnte daran erkannt, dass sie keine ausgestellten Jeans mehr hatten. Es war aber sehr mühsam die Leute zu finden, weil es sie nicht wirklich gab. (lacht)
Engler: Auf dem ersten Konzert meiner damaligen Punkband Male war ein Typ, der so aussah, als könnte er ein Gleichgesinnter sein. Aufgestellte Haare und Sonnenbrille - der kam nach der Show hinter die Bühne, fühlte sich Anfang 1977 von der Sache angesprochen und dann stellte sich heraus, dass es Peter Hein von Fehlfarben war. (lacht) Der hat dann gleich mit uns gearbeitet und lebt ja schon ewig in Wien.
Aus dieser legendären Ratinger-Hof-Hemisphäre stammt ja unglaublich viel Künstlerisches und Kreatives der deutschen Szene. Wart ihr damals wirklich alle untereinander vernetzt?
Engler: Es war eine lose Gruppe von ca. 25 Leuten, die alle irgendwas machten. Keiner stand nur herum, jeder versuchte sich irgendwie künstlerisch zu entfalten.
Dörper: Es gab dann noch Künstler, die einfach so dastanden, aber mit denen hatte keiner was zu tun. Es gab die Künstler aus der Akademie und die wilden Punker, aber zusammen kamen nur ein paar davon. Nur weil man Musik machte, hieß das nicht, dass jeder mit jedem arbeitete. Die mystischen Geschichten erzählen dann immer die, die gar nie dabei waren. Die legen ein Narrativ drüber.
Engler: Es wurden immer die falschen Leute gefragt, die anfangs gar nicht dabei waren. Diese Legende schiebt sich dann weiter und so ist die Historie nur bedingt richtig.
Dörper: Wenn jemand ein Buch schreibt oder eine Doku darüber dreht, dann hat er sich im Kopf ein Narrativ festgelegt und versucht daraus die Fragen zu stellen, die ihn selbst bestätigen. So entwickelt sich eine Geschichte, die mit der Wirklichkeit nur partiell zu tun hat.
Engler: Es gibt auch Bücher, die extrem zurechtgestutzt wurden, sodass das ganze Bild fehlt. Bei allen Teilen, wo es um Kraftwerk geht, haben die Lektoren schnell Angst, dass die Anwälte kommen. (lacht)
Ihr beide habt euch nach der ersten Hochphase der Krupps selbst verwirklicht und seid vor gut 15 Jahren wieder regelmäßiger zusammengekommen. Sind die Motivation und die Hintergründe in der Band heute andere als vor 40 Jahren?
Engler: Auf jeden Fall. Wir haben heute eine Professionalität dahinter, die es damals einfach nicht gab.
Dörper: Wir können heute aber auch auf kleinem Raum mitschleppen, was damals ein Studio gewesen wäre.
Engler: Wir hatten kein Management und keine Konzertagentur hinter uns. Es gab keine Infrastruktur und wenn man etwas machen wollte, waren die Leute nicht dahinter. Wie eben das damalige Label. Außerdem sind wir heute viel sicherer in dem was wir machen. Damals haben wir rausgespuckt, wo wir gefühlt haben, es wäre aktuell. Über die Jahre haben wir uns aber einen klaren Sound angeeignet, der ganz klar nach den Krupps klingt. Das haben wir mit dem neuen Material wieder auf den Punkt gebracht.
Der Krupps-Sound ist ja vielseitig. Es gibt die metallischere Phase, die punkigere Phase, die elektronischere Phase…
Engler: Die Essenz der Krupps, die man seit den 90ern kennt, hört man dem neuen Material heute an. Wir haben alles gemacht, was wir machen wollten, aber es gab keine klare Linie. Wir bedienen uns vieler Elemente aus der Vergangenheit, nur mit klarer Struktur.
Seid ihr knapp 40 Jahre später auch mit dem gleichen Feuereifer dabei wie am Anfang?
Engler: Absolut. Die Motivation ist aber eine andere. Anfangs wollten wir das Rad neu erfinden, das ist heute nicht mehr der Fall. Heute haben wir eine klare Vision und bewegen uns in einem Spektrum, in dem wir viel losgetreten haben. Industrial, Electro, EDM-Metal oder wie das alles heißt. Jetzt nehmen wir uns das Beste raus und machen die Krupps der Gegenwart.
Dörper: Das regionale Spektrum ist mittlerweile ein ganz anderes als früher. Wir sind in der Tat weltbekannt, was aber nicht bedeutet, dass wir vom Aufwand her eine Welttournee machen können. Es gibt aber Menschen in Südamerika, Südafrika und Asien, die uns kennen und gerne sehen würden. Das war früher nicht so transparent und wir wussten das lange nicht. Das motiviert natürlich zusätzlich.
Engler: Wir sind zweimal in Japan getourt und waren auch sonst schon überall. Wir müssen nicht mehr neun Monate auf Tour gehen, denn so funktioniert es heute ohnehin nicht mehr.
Hat die Wichtigkeit der Band abgenommen, nachdem ihr beide in anderen Bereichen längst etabliert seid?
Engler: Das würde ich nicht sagen. In den Krupps hängt nach wie vor mein Herzblut und ich bin zu 100 Prozent dabei. Ich lukriere meine Einnahmen nur auch von woanders her. Ich bin bei der Plattenfirma Cleopatra als Hausproduzent angestellt und das wird sich noch lange hinziehen. Ich mache im Monat meine 20 Produktionen und das ist wundervoll. Ich habe mit vielen Künstlern zu tun, deren Musik ich höre oder schätze. Die Wichtigkeit der Krupps würde ich nie darunterstellen. Ich brauche beide Welten.
Dörper: Interessant sind nach wie vor die Dinge, die man neu erschließt. Neue Länder, neue Städte oder neue Läden, in denen wir auftreten können. Wir brauchen die Herausforderung.
Ralf, bei dir ist die Diskrepanz zwischen Beruf und Hobby noch größer. Einerseits die Krupps, andererseits bist du der gut vermögende Aktienanalyst.
Dörper: Ich bin doch erwerbslos. Ich bin nicht mehr aktiv und wurde abgefunden. (lacht) Ich bin ein Opfer der Bankenkrise. Ich hatte vorrangig mit der Börse zu tun, aber es gab interessante Berührungspunkte in unsere Sphären. Ich war beispielsweise mal Analyst für Thyssen-Krupp. (lacht) Theoretisch sind das zwei verschiedene Welten, aber auch nicht wirklich. Ich habe in einem Interview einmal gesagt, im Investmentbanking war mehr Glamour als im Pop. Den Aspekt darf man auch nicht vergessen.
Warst du der erste Investmentpunk?
Dörper: Ich wurde für die Nullnummer vom Investmentpunk interviewt, aber da war ich etwas zurückhaltender, denn zu viel Auskunft ist auch nicht gut. Seit fünf Jahren bin ich aber Privatier.
Jürgen, du lebst seit Jahren in Austin, Texas, wo du dein Studio hast und die Produktionen machst.
Engler: Heutzutage müssen die Leute ja nicht mehr zu dir ins Studio kommen, die nehmen ihre Sachen einfach woanders auf. Wir schicken uns oft Files hin und her und ich mache viel Musik für die Künstler. Ich bekomme die Gesangsaufnahmen von William Shatner oder David Hasselhoff. Das ist ganz spannend, ich bin da ganz variabel.
Gibt es ein besonderes Band innerhalb der Krupps, das euch noch heute gut zusammenhält?
Dörper: Als Kinder und Jugendliche mochten wir dieselben Fernsehsendungen. (lacht) Insiderwitze verstehen die Jüngeren bei uns in der Band natürlich nicht. Auch in unseren Songs gibt es Anspielungen, die nur wir beide verstehen, aber den anderen ist das auch egal.
Die Krupps können aber nur mit euch beiden als Konstante funktionieren?
Engler: Man muss aber dazusagen, dass wir aktuell die beste Besetzung aller Zeiten haben. Persönlich und musikalisch - das ist eine wirklich gute Band.
Dörper: Wir hatten lange Zeit den Spinal-Tap-Effekt. Wir hatten quasi auf jeder Tour einen neuen Schlagzeuger. Nur, dass sie bei uns nicht explodiert sind. (lacht) Wir hatten sicher 15 Drummer. Wenn du auf Internetseiten die ehemaligen Mitglieder googelst, sind es bei Bands aber fast immer Schlagzeuger.
Sind eure Freundschaft bzw. die Zusammenarbeit miteinander anders als früher?
Engler: Wir gehen nicht mehr zusammen ins Kino, aber ansonsten ist alles wie immer. (lacht) Es ist bei uns wie mit alten Freunden - die muss ich nicht jeden Tag um mich haben. Einen guten Freund kann man auch mal drei Jahre nicht sehen und dann sitzt es aber vom ersten Moment an wieder. Es ist absolut alles okay bei uns. Die Zeit, wo wir uns neu orientieren wollten, sind vorbei. Ich bin auch kein großer Socialiser. Ich habe genug zu tun und genug gute Freunde, ich brauche keine neuen Stimulanzen. Das Glück hole ich mir im Studio oder bei meiner Frau, alles ist gefestigt.
Verhindert diese Einstellung zum Leben, dass man musikalisch zu sehr neuen Trends hinterherläuft?
Engler: Neue Trends sind kein Problem. Ich würde die gerne sehen, aber es gibt leider nichts, das mich wirklich erwischt. Alles, was ich an neuer Musik höre, kommt schon aus der Vergangenheit. Wenn du an die Anfänge des Punk denkst, kommen dir Künstler wie Suicide, Pere Ubu, The Clash, Devo oder die Buzzcocks in den Sinn. Sag mir irgendwas, was vorher ähnlich klang? Absolut nichts. Es war eine Explosion von Musik, wo jede Band eine komplett eigene Welt erfand. Ich sehe und höre das heute nicht. Ich wünsche mir so ein Gefühl zu erleben, wie damals, als ich die erste Siouxsee-And-The-Banshees-Single hörte. Das war komplett eigen und gefestigt. Die wussten genau, was sie machten und schüttelten das einfach aus dem Ärmel. Diesen Effekt würde ich gerne wieder erleben.
Heute vermischt sich alles. Auch auf den Festivals und in den Playlisten. Es gibt keine richtigen Sparten mehr und jeder kann mit allem etwas anfangen. Das ist ja per se nicht schlecht.
Dörper: Das hängt noch immer von den Zielgruppen ab. Bei einer Spotify-Liste mit den Top-100 gestreamten Songs aus Deutschland war überhaupt kein Rock dabei, aber Spotify ist auch noch relativ jung und wird vorwiegend von jungen Menschen genutzt. Da dominiert dann eben der Hip-Hop. Wir haben eher das Problem, dass man uns hernimmt und auf einen bestehenden Trend draufpacken will. In den 90ern kam der Begriff NDH, Neue Deutsche Härte, wieder hoch.
Engler: Als wir angefangen haben, gab es keinen Industrial oder NDH. Die Schubladen wurden von den Medien kreiert und die stecken uns noch heute gerne rein. Aber wir waren vorher schon da und sind es wohl auch nachher.
Dörper: Diese Neue Deutsche Härte kam Mitte der 90er-Jahre hoch und aktuell ist das mit Rammstein und Eisbrecher noch immer salonfähig. 20 Jahre später. Nur weil es deutsch ist und etwas härter. Sehr kreativ. (lacht)
Wusstet ihr bei euren vielen Pausen mit den Krupps immer, dass ihr euch ohnehin erneut finden würdet oder stand auch mal ein endgültiges Ende im Raum?
Engler: 1997 war das Ding beendet und da wusste ich nicht, ob wir je wieder zusammenkommen würden. Solange es mich gibt, gibt es die Krupps, das war schon klar, aber die Jahre des exzessiven Tourens haben uns kurzfristig kaputtgemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, die Krupps komplett zu Grabe zu tragen.
Dörper: Es gibt nicht viele Bands, die Pausen haben, dann wiederkommen und oft noch erfolgreicher werden. Berg- und Talfahrten findest du im Musikbusiness total selten.
Engler: Mit den letzten drei, vier Alben ging es stetig aufwärts.
Euer 2019 veröffentlichtes Album „Vision 2020 Vision“ war sehr aktuell und zeitgeistig. Ist es euch wichtig, den Zeitgeist zu treffen?
Engler: Ist es eigentlich nicht, weil sich die Geschichte sowieso immer wiederholt.
Dörper: Wir haben den Vorteil, dass ein Song wie „Fatherland“ Anfang der 90er geschrieben wurde, aber heute noch Gültigkeit hat. Damals ging es um die Attentate auf das Asylantenheim in Deutschland, aber man konnte den Song so abstrahieren, dass er noch immer gültig ist. Das ist bei vielen Tracks der Fall.
Engler: Bei mir im Haus in Austin sind alle Türen offen. In meinem Wohnzimmer läuft immer CNN - von der Sekunde, in der ich aufwache, bis ich ins Bett gehe. Die Nachrichten haben textlich und musikalisch immer einen Einfluss. Ich muss immer am Puls der Zeit sein, das ist mehr extrem wichtig. Ich könnte mir nicht vorstellen, nicht aktuell zu sein. Andererseits haben unsere Songs offenbar eine Zeitlosigkeit, weil sich auch die Welt immer wiederholt. Die Songs sind immer offen für die Zukunft.
Siehst du dich als Texter verantwortlich dafür, den Leuten einen Inhalt bzw. eine bestimmte Botschaft mitzugeben?
Engler: Natürlich, das gehört dazu. Das Problem ist immer, dass du nur schon vor den Bekehrten predigst. (lacht) Eine Band wie U2 füllt die Stadien und bringt wichtige Themen an die Massen, was natürlich besser ist.
Dörper: Wir haben in der Verbreitung beschränkte Mittel, die wir nicht beeinflussen können. Interessant ist, dass mitunter Fans Stücke von uns bei YouTube selbst interpretiert und mit Videomaterial unterlegt haben, um einen Aspekt in den Vordergrund zu rücken, den wir gar nicht überlegt haben. Es ist teilweise erschreckend, wie gut diese Videos sind. (lacht) Es gibt Verbreiter, die aus eigenem Antrieb heraus etwas gut machen. Aber wir geben für diese „autorisierten Fanvideos“ die Zustimmung. Man kann natürlich auch Pech haben. Wenn jemand aus „Nazis auf Speed“ das Falsche macht, musst du natürlich schnell reagieren.
Wurdet ihr früher nicht oft falsch interpretiert?
Engler: Nicht wirklich. Unser Albumtitel „The Final Option“ wurde in der Schweiz missinterpretiert. Es gab dann eine öffentliche Entschuldigung von einem Politiker.
Dörper: Wenn du den Song „Fatherland“ hörst und zum Beispiel kein Englisch kennst, dann kann es natürlich schnell eng werden. Es gibt dann Applaus aus der falschen Richtung, diese Gefahr besteht theoretisch. Wenn diese Leute aber zu den Konzerten kommen, begreifen sie in wenigen Minuten, dass wir sie gar nicht hier haben wollen.
Engler: Zumal ich immer eine klare Ansage mache. Das ist auch wichtig, denn wir wollen da nicht missverstanden werden. Es gibt viele Bands, die gerne mit der Gefahr kokettieren, aber wir sind das nicht.
Provokation ist für euch kein wichtiges, relevantes Stilmittel?
Engler: Unser Name an sich ist schon leichte Provokation. Wir wollten einen Namen haben, der auffällt und von mir aus auch gerne provoziert. Er sollte zumindest ein Fragezeichen aufwerfen, aber wir haben immer klargemacht, worum es geht. Er ist ein Spiegelbild davon, wie Deutschland im Ausland gesehen wird. Einerseits als klare Wirtschaftsmacht, andererseits als Land mit einer sehr negativen Vergangenheit. Das ganze Konzept, das um Krupp gestrickt werden kann, brachten wir auf den Punkt. Ich wünschte mir, dass mehr Bands ihre Namen nach sinnvollen Gedanken aussuchen und nicht so stumpf anecken.
Dörper: Die meisten Namen sollen ja neugierig machen, aber viele sind lachhaft und belanglos. Das muss man so sagen.
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