Die Veröffentlichung der „Islam-Landkarte“ durch die Dokumentationsstelle Politischer Islam schlägt weiter hohe Wellen. Die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) fordert Polizeischutz für Betroffene, deren Adressen publiziert worden sind. Außerdem pochte die Organisation bei einer Pressekonferenz am Dienstag auf die Löschung der Website und kündigte eine Beschwerde bei der Datenschutzbehörde sowie ein Auskunftsbegehren an. Die zuvor in den Raum gestellte Klage werde laut MJÖ derzeit von einer Anwältin geprüft.
Die von Ednan Aslan, Professor für islamische Religionspädagogik an der Universität Wien, initiierte Karte stelle Muslime „unter Generalverdacht“, beklagte Sabir Ansari, Vorsitzender der Bundesjugendvertretung der MJÖ. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) hatte das zuvor bestritten und erklärt, die „Islam-Landkarte“, die Informationen über mehr als 600 muslimische Vereine enthält und auch deren Stellung zum politischen Islam auslotet, könne auch für Muslime selbst von Nutzen sein.
MJÖ-Pressesprecherin Hager Abouwarda kritisierte vor allem, wie das Projekt präsentiert wurde - unter dem Dach der Dokumentationsstelle Politischer Islam: „Das tut Musliminnen und Muslimen keinen Service und setzt sie Gefahren aus“, sagte sie. Angriffe gegen Muslime sowie die Schändung einer Moschee in Graz seien seit der Veröffentlichung der Karte publik geworden.
Auch Privatadressen wurden veröffentlicht
Die MJÖ kündigte deshalb vier Schritte an: In einem Auskunftsbegehren an die Verantwortlichen möchte sie erfragen, woher die gesammelten Daten stammen und wie mit ihnen umgegangen wird. Auch anderen Betroffenen riet Ansari, davon Gebrauch zu machen. Fraglich sei, wie man zu den Informationen gekommen sei, da im Vereinsregister keine Sammelabfragen möglich seien. Aufgrund des „massiven Sicherheitsrisikos“, das nun auf Muslime zukomme, fordert der Verein die Löschung der Karte und will Beschwerde bei der Datenschutzbehörde einlegen. „Wir fordern umgehend Polizeischutz für alle Einrichtungen, Moscheen und Personen, die von der Veröffentlichung der Adressen betroffen sind“, so Ansari. Privatadressen von Vereinen, die keinen festen Bürositz haben, seien veröffentlicht worden.
Scharfe Kritik an „Islam-Karte“ von Opposition und Grünen
Auch von anderen Seiten war zuvor an der „Islam-Landkarte“ Kritik gekommen, darunter etwa von Grünen, NEOS und SPÖ sowie dem evangelisch-lutherischen Bischof Michael Chalupka und einem Beauftragten des Europarats. Die Universität Wien verbot die Verwendung ihres Logos. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte sich hinter die Karte gestellt, die FPÖ sah sich in ihren Warnungen zur Migration aus muslimischen Ländern bestätigt. Auch Im Ausland sorgte die „Islamkarte“ für Aufsehen.
Ministerin glaubt weiterhin an „absolut richtigen Weg“
Raab verteidigte am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz das Projekt erneut. Die Landkarte sei ein Forschungsprojekt: Dementsprechend müsse man auch die Freiheit der Wissenschaft sehen. Auch inhaltlich hält sie die Karte für den „absolut richtigen Weg“: Es sei wichtig, eine Trennlinie zwischen dem Islam als Religion und dem politischen Islam zu ziehen. „Ich kann absolut nicht begreifen, warum man sich diesen Herausforderungen und Problemen nicht stellen soll.“ Es gehe bei dem Projekt um österreichische Vereine, die ihre Daten bekannt geben, in Österreich um Mitglieder werben und eventuell Fördergelder lukrieren wollen.
Polizeischutz für Ministerin und Experten
Wie groß die Gefahr aus dem islamistischen Eck sei, würden nicht zuletzt die Morddrohungen gegen beteiligte Wissenschaftler zeigen. Neben Raab wurden auch die an der Erstellung der Karte beteiligten Islam-Experten Mouhanad Khorchide und Ednan Aslan bedroht, beide stehen mittlerweile unter Polizeischutz.
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