Norbert Hofer galt als das freundliche Gesicht der Blauen, als jener Freiheitliche, der ohne Bihänder auskam und daher auch außerhalb der Gruppe der eingefleischten FPÖ-Fans auf Stimmenfang gehen konnte. Übernimmt nun Herbert Kickl, ist es mit jeglichen Träumen von einer Regierungsbeteiligung vorerst vorbei.
Die FPÖ ist Auf und Abs gewohnt, ebenso interne Machtkämpfe und Parteispaltungen. Zu einer solchen wird es jetzt freilich nicht kommen. Kickl, schon seit vielen Jahren blauer Chefstratege und Verbalrabauke, hat einen Großteil der Partei hinter sich versammelt.
Kickl hat Gefallen am Rampenlicht gefunden
Immerhin ist es Kickl - der lange Zeit in der zweiten Reihe gestanden ist, nun aber Gefallen am Rampenlicht gefunden hat - zu verdanken, dass die Freiheitlichen seit dem Absturz bei der vergangenen Nationalratswahl im Jahr 2019 wieder zulegen konnten. Kontinuierlich. Von 16 auf derzeit etwa 20 Prozent.
Hofer hat für diesen Zuwachs nichts beigetragen, es war Kickl, der die Corona-Leugner und -Skeptiker sowie die Verschwörungstheoretiker für sich gewinnen konnte. Dahinter dürfte eher beinhartes politisches Kalkül als echte Überzeugung stehen. Kickl hat erkannt, dass es eine nicht zu unterschätzende Menge an Menschen, die häufig als „Covidioten“ bezeichnet werden, gibt, um die sich die anderen Parteien nicht kümmern. Nicht kümmern wollen.
Erfolg ist gleichzeitig Problem
Dieser Erfolg ist aber auch gleichzeitig das Problem von Kickl. Denn die Pandemie wird hoffentlich bald vorbei sein, das Thema Corona wird mehr und mehr in den Hintergrund treten. Dann gibt es auch nichts mehr zu leugnen und keinen Grund, gegen Freiheitseinschränkungen zu demonstrieren. Und auch die Maske muss, wenn sie ohnehin nicht mehr gebraucht wird, nicht mehr abgelehnt werden. Außerdem: Diese mögliche Wählergruppe ist begrenzt, sie wird nicht mehr weiter wachsen.
Kurz kommt etwaiger Koalitionspartner abhanden
Und noch etwas ist mit einem blauen Parteichef Kickl mehr als klar: Die FPÖ beraubt sich damit jeglicher Möglichkeit, in absehbarer Zukunft wieder ans Regierungsruder zu kommen. Mit Kickl ist kein Staat zu machen. Selbst seine Vision eines Zusammenschlusses aller Parteien gegen die ÖVP wurde von den anderen bereits abgelehnt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kommt zwar ein etwaiger Koalitionspartner abhanden, andererseits müssen die Türkisen angesichts einer radikal oppositionellen FPÖ nicht mehr fürchten, Stimmen dorthin zu verlieren.
Kickl war zwar in den vergangenen Wochen und Monaten bereits der eigentliche Parteichef, dennoch wird wohl der Ton nach dem Abgang von Hofer noch etwas rauer werden. Das dürfte auch nicht allen in den Reihen der Freiheitlichen gefallen.
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