Jene Warnschilder mit der Aufschrift „Achtung! Politischer Islam in deiner Nähe“, die kürzlich in Wien in der Nähe von islamischen Einrichtungen aufgetaucht sind, dürften laut „Krone“-Informationen von Mitgliedern der rechten Szene angebracht worden sein. Die Polizei rückte aus und hat die provozierenden Tafeln mittlerweile entfernt. Ermittlungen des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) sind bereits im Gange.
Am Dienstag prangten an mehreren Orten in Wien selbst gebastelte „Warnschilder“. Die nicht offiziellen Taferln aus Karton und Klebeband wurden aber nicht an beliebigen Orten montiert - vielmehr fand man sie in unmittelbarer Nähe zu islamischen Einrichtungen. Die Schilder wurden etwa in der Praterstraße sowie in der Taborstraße in der Leopoldstadt gesichtet, ebenso in der Murlingergasse in Meidling.
Die provokante Aktion verleiht der bereits laufenden Diskussion um die Islam-Landkarte, die von der Dokumentationsstelle Politischer Islam eingerichtet worden war, neuen Zündstoff. Wie die „Krone“ am Mittwoch in Erfahrung bringen konnte, dürfte die rechte Szene rund um Martin Sellner und Co. für die Kampagne verantwortlich sein.
Schilder von Polizei entfernt
Auch die Polizei ist mittlerweile mit der Causa befasst: „Die im Wiener Stadtgebiet aufgehängten Schilder wurden von der LPD Wien unverzüglich entfernt und sichergestellt“, hieß es in einer Aussendung. Das Wiener LVT habe bereits Ermittlungen aufgenommen. Darüber hinaus seien alle Polizisten im Außendienst angehalten, falls weitere Schilder auftauchen, diese sicherzustellen.
Raab: „Völlig inakzeptabel und klar zu verurteilen“
„Dass der legitime Kampf gegen den Politischen Islam von extremistischen Gruppierungen missbraucht wird, ist völlig inakzeptabel und klar zu verurteilen. Wir lassen weder zu, dass rechtsextreme Gruppierungen den Kampf gegen den Islamismus missbrauchen, um ihr extremistisches Gedankengut zu befeuern, noch lassen wir uns durch Drohungen von islamistischer Seite von unserem Weg abbringen. Wir müssen als Gesellschaft weiterhin gegen den Extremismus von allen Seiten konsequent vorgehen“, so Integrationsministerin Susanne Raab.
Die Wiener ÖVP versicherte, dass das Ziel der Landkarte die „Transparenz und Sichtbarmachung von islamischen Netzwerken und Vereinskonstruktionen“ sei. Diese würden oftmals gerade in Wien „undurchsichtig“ agieren, beklagte Wiens VP-Klubchef Markus Wölbitsch in einer Pressekonferenz. Die ÖVP stelle sich gegen jede Art des Extremismus - „egal ob von links, von rechts oder über den politischen Islam“.
Ludwig verurteilt Aktionen „aufs Schärfste“
Harsche Kritik gab es an den Schildern von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Er verurteile aufs Schärfste „Aktionen von diesen offensichtlich rechtsextremen Gruppierungen, die darauf abzielen, Menschen zu stigmatisieren“.
Was er mindestens so ernste nehme, sei jedoch das, was im „politischen Vorfeld“ geschehen sei. Er habe gewarnt, dass keine Schritte gesetzt werden sollten, die Personengruppen in einer Großstadt wie Wien auseinanderdividieren würden. Er kritisiere politische Entscheidungen, „die solche radikalen Maßnahmen unterstützen“. Er lehne jedoch auch Drohungen gegen politisch Verantwortliche ab, fügte er hinzu.
Kritik von IGGÖ und SPÖ
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) sah sich am Mittwoch in ihrer Kritik bestärkt. „Muslimische Einrichtungen befinden sich aufgrund der pauschalen Verurteilung und des Schürens von Misstrauen in akuter Gefahr“, so IGGÖ-Präsident Vural, der hinter der Aktion rechtsextreme Gruppierungen als Urheber ortet. Vural forderte die politischen Verantwortungsträger auf, diesem „unwürdigen Kapitel der Islampolitik“ unverzüglich ein Ende zu setzen. Die „Islamlandkarte“ schaffe keine Transparenz, sondern schüre Hass. Man habe Kontakt mit den Sicherheitsbehörden aufgenommen und um Schutz der Einrichtungen angesucht, so Vural.
Auch SPÖ-Integrationssprecherin Nurten Yilmaz zeigte sich „entsetzt“ und fordert Konsequenzen. Derartige Schilder erinnerten an die „dunkelste Zeit unserer Geschichte“. Die Islamlandkarte „schürt Hass und spaltet unsere Gesellschaft“, daher müsse sie wieder vom Netz genommen werden. Auch SOS Mitmensch verurteilte die „mutmaßlich rechtsextreme Schilderaktion“.
Kurz nach der Präsentation des Islam-Landkartenprojekts kam es auch zu Drohungen gegen die Islam-Experten Mouhanad Khorchide und Ednan Aslan sowie gegen Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP). Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ermittelt.
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