Streit um Justiz-Leaks

ÖVP: „NEOS entwickeln sich zur Spitzelpartei“

Politik
04.06.2021 10:25

Der ÖVP-Fraktionsführer im Ibiza-U-Aussschuss, Andreas Hanger, hat am Freitagvormittag „nachweisliche Chat-Leaks durch die Opposition“ beklagt. Der Rechtsstaat werde „mit Füßen getreten“, erklärte er und warf den NEOS vor, sich „zur Spitzelpartei“ zu entwickeln. „Die NEOS brechen Gesetze, um Chats zu leaken“, empörte sich Hanger. Die Chatprotokolle lehne er inhaltlich ab, Konsequenzen für Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek forderte er aber nicht.

Das Leaken sei „unmöglich“, empörte sich Hanger. Er frage sich, was der nächste Schritt sei. „Ruft man dann auf zur Anarchie?“ Es gehe hier auch um Persönlichkeitsrechte. Man habe die Sache der Parlamentsdirektion zur Kenntnis gebracht. Die NEOS hätten in Presseaussendungen zwar „so getan, als hätten sie aus den Medien davon erfahren“, meinte Hanger, nach seinen Recherchen wurden die Unterlagen aber von den NEOS weitergegeben, wie etwa auch deren Beschriftung zeige.

Inhaltlich kann Hanger mit Pilnaceks Nachrichten an den ehemaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) „nichts anfangen“, wie er auf Nachfrage betont: Er lehne diese Chats ab, „zu hundert Prozent“, versicherte Hanger. „Die sind nicht in Ordnung.“ Er merkte aber auch an, dass es sich um eine „persönliche Kommunikation“ handle. Er frage sich, warum die Chats überhaupt im U-Ausschuss gelandet seien, da er keinen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand erkennen könne.

NEOS: „Im Interesse der Republik notwendig“
Bereits am Donnerstag hatten die NEOS die Veröffentlichung der als vertraulich klassifizierten Chatprotokolle des suspendierten Justiz-Sektionschefs Pilnacek verteidigt. Das sei „im Interesse der Republik notwendig gewesen, um die Integrität der Justiz und des Verfassungsgerichtshofes sicherzustellen“, so Generalsekretär Nick Donig. Die veröffentlichten Chats hätten ohnehin niemals als „vertraulich“ gelten dürfen, argumentierte er.

Dass die Volkspartei versuche, aus der Veröffentlichung einen Skandal zu konstruieren, sei das Bemühen, „mit allen Mitteln vom tatsächlichen Skandal abzulenken“, erklärte Donig. Vielmehr sollte die ÖVP Aufklärung von Pilnacek und dessen Chatpartner, Ex-Justizminister Brandstetter, der am Donnerstag von sich aus seinen freiwilligen Rücktritt als Höchstrichter bekannt gegeben hat, verlangen.

Der ehemalige Justizminister Wolfgang Brandstetter und Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek (Bild: APA/Herbert Neubauer)
Der ehemalige Justizminister Wolfgang Brandstetter und Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek

Nachrichten auf Pilnaceks Handy gefunden
Die Chatprotokolle hatten am Dienstag den Weg an die Öffentlichkeit gefunden. Darin bezeichnet Pilnacek, gegen den wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs ermittelt wird, unter anderem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als „missraten“ und kritisiert den Verfassungsgerichtshof für dessen Entscheidungen zur Sterbehilfe und zum Kopftuchverbot an Volksschulen. Die Nachrichten stammen aus dem beschlagnahmten Handy des suspendierten Sektionschefs und wurden an den U-Ausschuss geliefert.

Donig rechtfertigt die Veröffentlichung der vertraulichen Protokolle damit, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf habe, zu erfahren, wenn einer der höchsten Beamten in der Justiz einem Verfassungsrichter schreibt: „Einem vom VfGH fehlgeleiteten Rechtsstaat kann man nicht mehr dienen.“ Denn diese Nachrichten belegten, dass „ein ÖVP-naher Spitzenbeamter der Justiz die Erkenntnisse des VfGH nicht respektiert und die verfassungsmäßigen Institutionen der Republik und den Rechtsstaat als solchen infrage stellt“. Das sei eine „ernst zu nehmende Gefahr“, so Donig, der abermals Justizministerin Alma Zadic (Grüne) in die Pflicht nahm.

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