Jahrelang wurde über die Einführung von Ethikunterricht diskutiert, jetzt wird es ernst - allerdings kommt das neue Fach lediglich als Ersatz-Pflichtfach für vom Religionsunterricht abgemeldete und konfessionslose Schüler ab der neunten Schulstufe. Eine Tatsache, die im Vorfeld für viel Kritik gesorgt hatte. Am Montag hat Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) die neuen Ethik-Eckpunkte präsentiert und eine gemeinsame Erklärung mit den Religionsgemeinschaften abgegeben.
Nach 20 Jahren als Schulversuch wird Ethik im kommenden Herbst als Pflichtfach ab der Sekundarstufe II für all jene Schüler eingeführt, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen. Den Anfang machen die Schüler der neunten Schulstufe, im Jahr darauf folgen die zehnten und elften usw. 2024 ist dann die Einführung in den AHS abgeschlossen, 2025 in den BHS. Der Endausbau wird somit im Schuljahr 2025/26 erreicht sein. Der Ethikunterricht findet künftig an 920 Standorten statt, bisher waren es 233. Das Ausmaß des Unterrichts wird zwei Stunden pro Woche betragen.
Fragenstellen im Mittelpunkt
Im Ethikunterricht soll es primär um keine Vermittlung oder Reproduktion von Wissen gehen, betonte Faßmann. Im Mittelpunkt solle vielmehr das Stellen von Fragen stehen - über diese solle dann gemeinsam reflektiert und zu Antworten gekommen werden - „auch wenn diese Antworten immer nur vorläufige sind“.
Die Lehrpläne (es gibt jeweils eigene für AHS sowie die jeweiligen BMHS-Zweige wie HTL, HAK etc.) wurden am Montag von Minister Faßmann präsentiert. Sie sind in drei Ebenen aufgebaut, die Ich-Ebene, die Ich-und-Du-Ebene und die Ich-und-die-Welt-Ebene.
Die zentrale fachliche Grundlage des Unterrichtsgegenstandes stellt die Praktische Philosophie dar. Behandelt werden sollen unter anderem Themen wie Menschenrechte, Glück, Soziale Beziehungen, Sucht, Natur und Wirtschaft, Medien, die Grundlagen der Weltreligionen, aber auch säkulare Weltanschauungen, Tierrechte und Tierschutz, Sexualität und Liebe, Konfliktbewältigung, Diversität und Diskriminierung, Krankheit und Tod, Konsum oder Technik und Wissenschaft.
Auch Religionsunterricht soll ethische Fragen abbilden
Betont wurde am Montag zugleich, dass ethische Grundfragen nicht nur im Ethikunterricht, sondern auch im Religionsunterricht behandelt werden. So sei mit den Religionsgemeinschaften vereinbart worden, dass in ihren Lehrplänen ethische Fragen abgebildet werden. Dazu bekennen sie sich in einer gemeinsamen Erklärung mit Bildungsminister Faßmann, um die Schüler „zu verantwortungsbewusster gesellschaftlicher Mitgestaltung zu ermächtigen“, wie es in der Erklärung heißt.
Der Ethikunterricht soll der Erklärung zufolge „Schüler zu selbstständiger Reflexion im Hinblick auf Wege gelingender Lebensgestaltung befähigen, ihnen Orientierungshilfen geben und sie zur fundierten Auseinandersetzung mit den Grundfragen des Lebens anleiten“. Mit Blick auf die unterschiedlichen philosophischen, weltanschaulichen, kulturellen und religiösen Traditionen und Menschenbilder soll der Ethikunterricht „einen Beitrag zur individuellen Persönlichkeitsentwicklung“ leisten.
Die „Gemeinsame Erklärung“ unterzeichneten im Rahmen der Presskonferenz die Katholische Kirche, die Evangelische Kirche, die Orthodoxe Kirche, die Islamische Glaubensgemeinschaft, die Israelitische Religionsgemeinschaft, die Islamische Glaubensgemeinschaft, die Alevitische Glaubensgemeinschaft, die buddhistische Religionsgemeinschaft sowie die Freikirchen.
Künftig sollen alle Schüler mit ethischen Fragen konfrontiert werden
Mit dem nun vorgestellten Lehrplan soll es jedenfalls gelingen, dass ALLE Schüler „mit ethischen Fragen konfrontiert werden, egal, ob sie am Ethikunterricht oder am Religionsunterricht teilnehmen“. Ein Austausch von Schülern ohne Bekenntnis und solchen mit unterschiedlichen Bekenntnissen soll zudem ermöglicht werden.
Die SPÖ forderte in einer Aussendung Ethikunterricht für alle Schüler - also nicht nur für jene, die sich von Religion abgemeldet haben. Kritik übte Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler in einer Aussendung außerdem daran, dass im nunmehrigen Modell nicht einmal Berufs- und Polytechnische Schulen umfasst sind.
Volksbegehren brachte 160.000 Unterschriften
Am Mittwoch ist das Thema außerdem Thema im Unterrichtsausschuss. Dann werden dort die Forderungen des Volksbegehrens „Ethik für alle“ behandelt, das knapp 160.000 Unterschriften erreichte. Dieses forderte die Einführung eines vom Religionsunterricht entkoppelten Ethikunterrichts als Pflichtfach für alle Schüler von der ersten bis zur letzten Schulstufe, ein abgeschlossenes Ethik-Lehramtsstudium als Mindestqualifikation für Ethiklehrer sowie Unvereinbarkeitsregeln für Ethik- und zugleich Religionslehrer. Die von Faßmann am Montag präsentierte Variante des Ethikunterrichts bezeichnete der Sprecher des Volksbegehrens, Eytan Reif, als „Mogelpackung“.
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