Ratko Mladic (78)
Lebenslange Haft für den „Schlächter vom Balkan“
Fast 26 Jahre nach dem Massaker von Srebrenica, bei dem im Bosnienkrieg rund 8000 muslimische Männer und Burschen ermordet worden sind, ist am Dienstag das endgültige Urteil gefällt worden: Ratko Mladic (78), der „Schlächter vom Balkan“, wurde vom Kriegsverbrechertribunal im niederländischen Den Haag rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt. Verurteilt wegen des Völkermordes von Srebrenica, der Belagerung von Sarajewo mit mehr als 10.000 Todesopfern sowie Morden und Vertreibungen, um das Ziel eines „ethnisch reinen serbischen Staates“ zu erreichen.
Mladic war erst im Jahr 2011, also 16 Jahre nach Ende des Krieges, gefasst und dem Tribunal übergeben worden. Ihm wurde nach langem Prozess damals in zehn von elf Anklagepunkten für schuldig befunden. Von den Vorwürfen des Völkermordes in weiteren bosnischen Gemeinden - Prijedor, Sanski Most, Kotor Varos, Foca und Vlasenica - war er allerdings freigesprochen worden. Sein politischer Gefährte, Serbenführer Radovan Karadzic (75), wurde im März 2019 zu lebenslanger Haft verurteilt.
Immer wieder Hinterbliebenen seiner Opfer bedroht und verhöhnt
„Mladic sah sich als befehlstreuer Offizier, bei dem der Zweck die Mittel heiligte“, sagt Chefankläger Serge Brammertz in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. „Daran hat sich auch durch den Strafprozess in Den Haag leider nichts geändert. Im Gerichtssaal hat er immer wieder die Hinterbliebenen seiner Opfer mit Gesten bedroht und verhöhnt." Das Gericht, so Brammertz, habe Mladic 167 Zeugen gegenübergestellt: „Mutige Menschen. Er hat zu keinem Zeitpunkt Reue gezeigt oder auch nur Verständnis.“
Das größte Problem, so der belgische Jurist, sei, dass die Polarisierung, die damals zum Krieg geführt habe, heute von Politikern weitergeführt werde. Erst vergangene Woche habe das Staatsoberhaupt Bosniens, Milorad Dodik, in einem Interview gesagt: Das sei alles eine Lüge. Der Mord an 8000 Jungen und Männern durch serbische Truppen in Srebrenica im Juli 1995 sei nie geschehen. Brammertz: „Ich halte das für absolut inakzeptabel!“ Europa dürfe die Leugnung des Völkermordes nicht einfach hinnehmen.
Letzter internationaler Prozess zum Massenmord von Srebrenica
Der im Mai 2012 begonnene Prozess, der letzte, der vor dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien geführt wurde, dauerte 530 Prozesstage. Vorgeladen wurden an die 500 Zeugen, an die 10.000 Beweisunterlagen wurden präsentiert.
Kommentar: Ihr braucht keine Angst zu haben, ...
... sagte Ratko Mladic zu seinen Gefangenen. Es werde ihnen nichts geschehen, versuchte er sie zu beruhigen. Dann gab er seinen Soldaten den Befehl, die Männer und jungen Burschen zu erschießen. Alle. Alle achttausend! Es dauerte mehrere Tage, bis alle tot waren. Ihre Leichen in Massengräbern verscharrt. Die jüngsten Opfer waren erst 13 Jahre alt, die ältesten an die 80. Alle waren sie Bosniaken. Moslems also. Feinde der christlichen Serben, die unter General Mladic wüteten.
Passiert ist dieses Verbrechen im Juli 1995 während des Bosnienkrieges in Srebrenica. Jenem Ort, dessen Name zum Synonym werden sollte für das schrecklichste Kriegsverbrechen, das in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg verübt worden ist. Bis heute kam von Mladic kein Wort der Reue, kein Wort der Entschuldigung. Auch nicht für die Belagerung von Sarajewo in den Jahren 1992 bis 1996. Er hatte seinen Scharfschützen den Befehl gegeben, auf Zivilisten zu schießen. Gezielt auch auf Frauen und Kinder. Er wollte Angst erzeugen unter den Bewohnern der eingekesselten Stadt. Panik und Grauen.
Grauen, das die Menschen bis heute nicht verarbeitet haben. Wie etwa - um nur ein Beispiel zu nennen - jene Frau, die von einem Scharfschützen in das Becken geschossen worden ist. Das Projektil durchschlug ihren Körper und tötete ihr Kind, das sie an der Hand geführt hatte. Niemand kann so etwas jemals vergessen.
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