Mit Panzer Tor gerammt

Großrazzia gegen Clan-Kriminalität in Deutschland

Ausland
08.06.2021 18:10

Bei einer Großrazzia gegen einen Clan im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen hat die Polizei vier Mitglieder festgenommen. Im Leverkusener Stadtteil Rheindorf rammten Sicherheitskräfte am Dienstag mit einem Panzer das Tor zu einer Millionen-Villa des Clans, bevor eine Spezialeinheit die Haustür sprengte. Die Aktion gegen den Clan fand neben Leverkusen noch in Duisburg, Düsseldorf und zwölf weiteren Städten Nordrhein-Westfalens statt. Insgesamt waren rund 600 Polizisten beteiligt.

Der Familie wird unter anderem vorgeworfen, Sozialleistungen in sechsstelliger Höhe kassiert zu haben. Dennoch wohnten sie in dem Anwesen, das Ermittler auf einen Wert von mehr als einer Million Euro schätzten. Gegen den staatenlosen Hauptbeschuldigten (46), seine 42-jährige Frau mit libanesischem Pass und seine beiden Söhne (24 und 28) mit deutsch-libanesischer Doppelstaatsbürgerschaft lagen Haftbefehle vor.

Mit einem Panzer durchbrach die Polizei das Tor der Millionen-Villa (Symbolbild). (Bild: stock.adobe.com)
Mit einem Panzer durchbrach die Polizei das Tor der Millionen-Villa (Symbolbild).

„Geldwäsche in Reinkultur“
Die Leverkusener Familie wird dem Al-Zein-Clan zugerechnet, der zu den großen in Nordrhein-Westfalen zählt. Dem Clan dürften aktuell 227 Tatverdächtige angehören, die für 441 Straftaten verantwortlich sein sollen. Allein in dem Leverkusener Anwesen stießen die Ermittler auf 290.000 Euro Bargeld. Zudem habe die Familie mindestens 400.000 Euro Sozialleistungen kassiert.

Ein scheinbar mittelloser Sohn der Familie habe das Haus gekauft und an seinen Vater vermietet. Die Miete habe das Jobcenter beglichen. Die Umstände der Finanzierung der Immobilie sprächen für „Geldwäsche in Reinkultur“, sagte Thomas Jungbluth, leitender Ermittler gegen Organisierte Kriminalität im Landeskriminalamt NRW. Eine Reihe von Leuten habe größere Geldbeträge als Schenkung oder Darlehen überwiesen und später in bar von Unbekannten erstattet bekommen.

Im Februar führte die Polizei in Berlin eine Großrazzia wegen des Verdachts auf Clan-Kriminalität durch. (Bild: APA/AFP/Odd ANDERSEN)
Im Februar führte die Polizei in Berlin eine Großrazzia wegen des Verdachts auf Clan-Kriminalität durch.

Pistolen und Kalaschnikow sichergestellt
Neben dem organisierten bandenmäßigen Sozialbetrug gebe es Hinweise auf Gewaltdelikte, Schutzgelderpressung und Suchtgiftkriminalität, sagte eine Ermittlerin. Es seien zwei Pistolen und ein Kalaschnikow-Sturmgewehr AK 47 mit verschlossenem Lauf entdeckt worden. Zudem wurden 19 Blanko-Testergebnisse für Corona-Tests sichergestellt.

Jahrelange Ermittlungen
Bei dem 46-jährigen handle es sich um „einen der absoluten Top-Leute der Clan-Kriminalität in NRW“, sagte der Innenminister Nordrhein-Westfalens, Herbert Reul. „Wir haben ihn nicht nur festgenommen, sondern ihm auch sein Zuhause weggenommen. Das ist heute ein Schlag gegen die erste Liga der Clan-Kriminalität.“ Die Villa werde nun im Grundbuch dem Staat übertragen. Auch Autos und eine 30.000 Euro teure Armbanduhr wurden sichergestellt.

Herbert Reul, CDU-Innenminister von Nordrhein-Westfalen (Bild: APA/AFP/Ina FASSBENDER)
Herbert Reul, CDU-Innenminister von Nordrhein-Westfalen

Die Einsätze standen im Zusammenhang mit Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften in Düsseldorf und Duisburg. In Düsseldorf wird seit fast zwei Jahren wegen bandenmäßigen Sozialbetrugs und Geldwäsche ermittelt, in Duisburg wegen eines Steuerverfahrens. Weil die Verdächtigen als gefährlich und bewaffnet eingestuft wurden, kamen Spezialeinheiten zum Einsatz.

Insgesamt seien 31 Objekte im Rheinland, im Bergischen Land und im Ruhrgebiet durchsucht worden: Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäfte. Zuletzt gab es im Februar eine Großrazzia in Berlin, die sich gegen einen Clan richtete, dem bandenmäßiger Drogenhandel vorgeworfen wird.

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