G7-Gipfel hat begonnen
Corona: EU sieht sich als „Apotheke der Welt“
Erstmals seit fast zwei Jahren kommen die Staats- und Regierungschefs der G7-Länder und die EU, die einen Beobachterstatus hat, wieder persönlich zu einem Gipfeltreffen zusammen: Im Fokus der Beratungen in Cornwall in Südwestengland stehen der Kampf gegen die Corona-Pandemie, Klima- und Artenschutz sowie die Stärkung demokratischer Werte. Zum Auftakt am Freitag betonten EU-Vertreter, dass sich die Union im Gegensatz zu anderen G7-Staaten bereits seit Monaten stark für Impfstofflieferungen in ärmere Länder engagiere. Die EU sei die „Apotheke der Welt“ und werde bis Jahresende mindestens 100 Millionen Impfstoff-Dosen spenden, hieß es nach einem Koordinierungstreffen der europäischen Gipfelteilnehmer von Diplomaten.
Der Impfinitiative Covax stelle man 3,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Die EU war nach eigenen Angaben zudem lange Zeit die einzige demokratische Region, die im großen Maßstab Corona-Impfstoff exportierte. Bisher seien rund 350 Millionen Dosen ausgeführt worden, was in etwa der Hälfte der Gesamtproduktionsmenge entspreche. Zum Beispiel die USA behielten dort produzierte Impfstoff hingegen lange vorrangig selbst. So hatte US-Präsident Joe Biden noch Ende April gesagt, bevor die USA ein „Arsenal“ für andere Länder würden, werde jeder Amerikaner Zugang zu vollständigem Impfschutz haben.
Doch nun wollen sich die G7 offenbar stärker den ärmeren Staaten widmen. Schon vor dem Gipfel hatte die britische Regierung erklärt, die Staats- und Regierungschefs würden voraussichtlich ankündigen, „dass sie der Welt mindestens eine Milliarde Impfdosen gegen das Coronavirus zur Verfügung stellen“. 100 Millionen Dosen davon soll Großbritannien beisteuern, am Donnerstagabend kündigte Biden eine Spende von 500 Millionen Impfstoffdosen an. Das Weiße Haus teilte mit, der Aktionsplan, der bei dem dreitägigen Treffen beschlossen werde, umfasse die Impfung der weltweit am stärksten gefährdeten Menschen, die Bereitstellung von Notvorräten und die Unterstützung des weltweiten wirtschaftlichen Aufschwungs. Bestandteil seien auch Maßnahmen, damit sich die internationale Gemeinschaft auf künftige Pandemien vorbereiten und diese verhindern, erkennen sowie darauf reagieren könne.
Oxfam: Eine Milliarde Dosen „ein Misserfolg“
Die Hilfsorganisation Oxfam kritisierte die Spendenzusagen als zu niedrig. Nötig seien mindestens elf Milliarden Dosen, um gegen die Pandemie erfolgreich zu sein. Wenn sich der G7-Gipfel lediglich zu einer Milliarde Dosen bekenne, dann sei er „ein Misserfolg“. Auch die Internationale Handelskammer kritisierte die bisherigen Impfstoff-Spendenpläne der G7 als unzureichend und warnte vor Folgen für die Weltwirtschaft. Wenn die G7 bei den Impfstoffspenden nicht deutlich zulegten, setzten sie ihre eigenen Bürger Gefahren aus, etwa, weil sich neue, gefährlichere Virusvarianten entwickeln und neue Corona-Ausbrüche die Lieferketten unterbrechen könnten, teilte der Verband mit Sitz in Paris am Freitag mit. Er vertritt 45 Millionen Unternehmen weltweit.
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres begrüßte zwar die Initiative der G7, forderte aber deutlich mehr Einsatz. Die Impfungen seien bisher sehr ungleich und unfair verteilt gewesen, rügte Guterres. Dabei sollten Impfstoffe öffentliche Güter sein. Gerade in Entwicklungsländern breite sich das Coronavirus wie ein Flächenbrand aus. Es gelte, schnell zu handeln und so viele Menschen weltweit wie möglich zu schützen, bevor das Virus immun gegen Impfstoffe werde. „Wir sind im Krieg mit dem Virus“, sagte Guterres.
Für US-Präsident Joe Biden ist es übrigens der erste internationale Gipfel seiner Amtszeit, ebenso für Italiens Mario Draghi und Japans Yoshihide Suga. Für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel dürfte es der letzte sein.
Merkel reist nach Washington
Kurz vor Beginn des Gipfels wurde bekannt, dass Merkel bei ihrer voraussichtlich letzten USA-Reise am 15. Juli von Biden in Washington empfangen wird (siehe Video oben). Themen sollen laut US-Angaben die Folgen der Corona-Krise, der Klimawandel sowie Sicherheit und Demokratie sein. Auch der Streit um die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 dürfte zur Sprache kommen, auch wenn das Thema von keiner Seite explizit genannt wurde.
Treffen mit Royals geplant
Bei dem bis Sonntag andauernden Gipfel stehen eine Reihe von Beratungen auf dem Programm, die durch strikte Corona-Infektionsschutzmaßnahmen abgesichert sind. Am Freitag lag der Schwerpunkt zunächst auf der wirtschaftlichen Erholung von der Corona-Pandemie. Am Abend fand ein Empfang mit Königin Elizabeth II. und zahlreichen anderen Mitgliedern der Königsfamilie statt. Die First Lady der USA, Jill Biden, traf am Rande des Gipfels bereits mit Herzogin Kate zusammen.
Nach Angaben der Organisation One hatten sich die G7-Staaten über 2,5 Milliarden Impfdosen mehr gesichert als sie benötigen. Weltweit wurden bisher 2,3 Milliarden Impfungen vorgenommen, ein Viertel davon in den G7-Ländern. Diese machen jedoch nur zehn Prozent der Weltbevölkerung aus.
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