Es sind ungewohnt scharfe Töne, die im Vorfeld des grünen Bundeskongresses zu hören sind, und sie sorgen für neuen Zündstoff in der Koalition. „Ich verstehe die ÖVP manchmal gar nicht“, sagt etwa Vizekanzler Werner Kogler. Beim Treffen der Öko-Partei dürfte aber dennoch alles im grünen Bereich bleiben.
Rückblick auf den Bundeskongress 2020: Unter minutenlangem Jubel und Applaus zogen Werner Kogler und sein Team in den Salzburger Saal ein, die Stimmung war blendend, die Delegierten leicht zu unterhalten, die „Wuchteln“ des Parteichefs verfehlten ihre Wirkung nicht.
Zurück in der Gegenwart, könnten die Vorzeichen nicht konträrer sein. Vielen Grünen ist in der Koalition mit der ÖVP das Lachen längst vergangen, die Öko-Partei musste so manches, woran sie wohl nicht einmal in ihren schlimmsten Albträumen dachte, hinnehmen. Von Kinderabschiebungen mitten in der Nacht bis zu ständigen Angriffen auf die Justiz.
„Einschüchterungsversuche und Angriffe“
Vor ihrem Bundeskongress am Sonntag in Linz verschärfen die Grünen nun den Ton gegenüber der ÖVP. Justizministerin Alma Zadic stellt sich einmal mehr hinter die Staatsanwälte und weist die „Einschüchterungsversuche“ gegen diese zurück. „Die disqualifizierenden Angriffe müssen aufhören“, so Zadic in Richtung des Koalitionspartners. Und auch Vizekanzler Kogler wird deutlich: „Mittlerweile sind wir ja in der dritten Reihe der Abgeordneten gelandet, von wo aus das Megafon bedient wird.“ Es ist nicht schwer zu erraten, dass Kogler hier auf den ÖVP-Fraktionsführer im Ibiza-Untersuchungsausschuss, Andreas Hanger, anspielt.
Doch noch regiert bei den Grünen der Pragmatismus und der Wunsch nach Gestaltung. Vor allem beim Umwelt- und Klimaschutz, die zuständige Ministerin Leonore Gewessler hat noch viel vor. Ob die ÖVP sie auch tatsächlich lässt, wird sich noch zeigen.
„Große Mehrheit will nicht, dass wir flüchten“
Während es an der Basis hier und da schon heftig brodelt, ist an der Spitze noch alles in Ordnung. Sowohl Werner Kogler als auch Klubobfrau Sigrid Maurer haben ein gutes Einvernehmen mit den Türkisen, sie wollen die Regierungsarbeit auf jeden Fall fortsetzen. Wohl auch, weil sie wissen, dass Neuwahlen für die Grünen keinen Gewinn brächten. 80 bis 90 Prozent des grünen Wählerpotenzials möchten nicht, dass wir „die Flucht ergreifen“, sagte Kogler bei einer Veranstaltung Donnerstagabend.
Kein Beschluss für den Fall einer Kanzler-Anklage
Was aber macht der Juniorpartner in der Koalition, wenn es zu einer Anklage gegen Kanzler Sebastian Kurz kommt? In dieser Frage hat sich Kogler bisher erfolgreich um eine Antwort herumgeschwurbelt. Nur einen verurteilten Bundeskanzler könne er sich nicht vorstellen, betonte der Vizekanzler vor Kurzem. Bisher gibt es keinen offiziellen Beschluss dazu, was im Falle einer Anklage passieren soll.
Das dürfte sich auch am Sonntag in Linz nicht ändern. Vielmehr wird wohl das Prinzip Hoffnung herrschen.
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