Grünen-Bundeskongress

Werner Kogler: „Regieren ist nichts für Lulus“

Politik
13.06.2021 17:20

Bundessprecher Werner Kogler hat am Sonntag mit einer Brandrede die Koalition der Grünen mit der durch Justizermittlungen in Bedrängnis geratenen ÖVP verteidigt. Sich dafür zu entschuldigen, dass man regiere, sei ein „Blödsinn“, denn „besser die Richtigen regieren, als die Falschen“. Kogler lobte beim Bundeskongress der Partei in Linz die Arbeit der grünen Regierungsmitglieder. Die neuen in dieser Riege, Wolfgang Mückstein und Andrea Mayer, wurden einstimmig vom Bundeskongress bestätigt. Keine Mehrheit erhielt ein Antrag auf Änderung der Parteistatuten. So verfehlte der Wunsch nach einer Urabstimmung über den Bundessprecher die nötige Zweidrittelmehrheit. Auch das Bestimmungsrecht des Bundessprechers über zwei vordere Listenplätze für Bundeswahlen kommt damit nicht.

Angedacht wäre gewesen, dass künftig die 7000 Mitglieder der Landesparteien den Bundessprecher wählen dürfen und nicht nur die rund 280 Delegierten des Bundeskongresses. Bewerben hätte sich jedes Mitglied mit zumindest 100 Unterstützern können. Lange war an der Änderung der Statuten gearbeitet worden, auch bis zum späten Samstagabend war noch diskutiert und der Antrag modifiziert worden. Es gab aber zu viele kritische Stimmen, etwa aus den Landesorganisationen Niederösterreich und Wien sowie vom „zehnten Bundesland“ (Minderheiten bzw. Zuwanderer). Die Änderung war übrigens auch ein deklarierter Wunsch Koglers.

Der Grünen-Chef betonte in seiner einstündigen Rede, mit seiner Partei komme Ökologisierung, „Klimaglück“ und gefestigte Rechtsstaatlichkeit. „Wir sind in der heißen Küche der Realpolitik, wo echt was weitergeht“, sagte er und beschwor „Mut, Entschlossenheit, Zusammenhalt und Zuversicht“. Auch die frühere Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou zitierte er mit den Worten: „Regieren ist nichts für Lulus.“

Vizekanzler Werner Kogler, Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne), Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer und Staatssekretärin Andrea Mayer beim Grünen-Bundeskongress in Linz. (Bild: APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR)
Vizekanzler Werner Kogler, Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne), Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer und Staatssekretärin Andrea Mayer beim Grünen-Bundeskongress in Linz.

Der Grünen-Chef hob die Arbeit von Umweltministerin Leonore Gewessler für eine ökologische Transformation des Landes hervor. Der Klimaschutz sei der historische Auftrag der Partei. Justizministerin Alma Zadic stelle sich bei allen Angriffen vor die Justiz, was ebenfalls zeige: „Den Unterschied machen wir.“

Gute Arbeitsbasis: „Sonst geht‘s nicht mit Regieren“
Bei aller Kritik an der ÖVP oder auch - wegen des Widerstands bei Ökologisierungsmaßnahmen - an der Wirtschaftskammer wollte Kogler nicht den Eindruck erwecken, dass er nicht eine gute Gesprächs- und Arbeitsbasis mit deren Regierungsmitgliedern habe, denn „sonst geht‘s nicht mit Regieren“. Das Handeln der Grünen als Koalitionspartner sei „getragen aus Verantwortungsbewusstsein und Selbstbewusstsein“. Das habe auch bei der Pandemiebekämpfung geholfen, und die habe Österreich „gut bis sehr gut“ gemeistert, meinte er.

Für den zurückgetretenen Gesundheitsminister Anschober gab es viel Applaus. (Bild: FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM)
Für den zurückgetretenen Gesundheitsminister Anschober gab es viel Applaus.

Viel Jubel gab es für den aus Gesundheitsgründen zurückgetretenen Gesundheitsminister Rudolf Anschober, der persönlich auf der Bühne erschien. Kogler versprach ihm ein grünes Sommerfest, ebenso wie Ulrike Lunacek, die vergangenes Jahr als erstes Regierungsmitglied zurückgetreten war.

„Message Control“: Abstimmungen nicht öffentlich
Beim Bundeskongress herrscht eine bei den Grünen ungewohnte „Message Control“: Der Nachmittag wird für Medien nicht öffentlich abgehalten werden. Eine direkte Berichterstattung von den Debatten und Abstimmungen der Delegierten des grünen Parteitags wurde damit unterbunden. Über die Ergebnisse will die Partei per Presseaussendung informieren. Intern blieb auch der Austausch über den Leitantrag. Anwesenden Journalisten schien offensichtlich, dass diese Einschränkungen der Sorge vor abweichenden Stimmen geschuldet war, die etwa die Koalition mit der ÖVP infrage stellen könnten.

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