Der Titel hier klingt übertrieben? Na dann setzen Sie sich mal beim nächsten Mercedes-Händler in eine S-Klasse mit der argen Version der Hinterachslenkung. Der Effekt, den sie auslöst, ist so abgefahren, dass er sich mit den unnatürlichen Bewegungen, die wir aus der Matrix-Trilogie kennen, am besten beschreiben lässt. Man muss das erlebt haben.
In der automobilen Oberklasse gehört es mittlerweile zum guten Ton, eine Hinterachslenkung anzubieten - die Hinterräder lenken also ein paar Grad mit. Auch die S-Klasse gibt es mit so einer „normalen“ Hinterachslenkung, mit bis zu 4,5 Grad Lenkwinkel.
Doch Mercedes geht bei der S-Klasse noch ein ganzes Stück weiter und bietet zusätzlich eine verschärfte zweite Variante an: Hier beträgt der hintere Lenkwinkel (bis 60 km/h) auf Wunsch bis zu zehn Grad! Damit wird der Wagen auf eine Art wendig, die man sich kaum vorstellen kann. Das wirkt derart ungewöhnlich, unnatürlich und gegen jede Weise, wie wir gelernt haben, wie sich Autos bewegen, dass sich der Matrix-Vergleich geradezu aufdrängt.
Zu ebener Erde könnte man noch einen Gabelstapler zum Vergleich heranziehen, der mit einem einzelnen Rad hinten gelenkt wird und praktisch auf der Stelle wenden kann.
Wendekreis kleiner als Golf oder A-Klasse
Mit diesem Extra verliert im Stadtverkehr sogar die Langversion der S-Klasse ihren Schrecken, selbst in Parkhäusern oder beim Einparken - der Wendekreis des 5,29-Meter-Schiffes ist geringer als der einer A-Klasse oder eines VW Golf: Gerade einmal 10,90 Meter benötigt das allradgetriebene Daimler-Flaggschiff zum Umdrehen (mit Hinterradantrieb 10,80 Meter). Zum Vergleich: Beim VW Golf sind es 11,10 Meter, bei der Mercedes-A-Klasse sogar 11,20 Meter! Dabei messen die beiden Kompakten in der Länge nur 4,28 bzw. 4,42 Meter! Mit 1,80 Meter Breite sind sie auch noch 15 Zentimeter schmäler.
Mit Standard-Hinterachse benötigt die lange S-Klasse mit Allradantrieb mächtige 12,80 Meter - da muss man im Parkhaus schon mal extra rangieren. Am wendigsten ist die S-Klasse mit kurzem Radstand (5,18 Meter lang) mit der Super-Hinterachslenkung und Hinterradantrieb: 10,50 Meter.
Die Werte der „normalen“ Hinterachslenkung mit 4,5 Grad Winkel liegen ziemlich genau in der Mitte zwischen den beiden anderen Versionen.
Kein Unterschied bei schnellerer Fahrt
Über 60 km/h unterscheiden sich die beiden Versionen der Hinterachslenkung nicht. Bei beiden schlagen die Hinterräder gleichsinnig mit den Vorderrädern ein, und zwar bis zu drei Grad. Das sorgt für Stabilität und geschmeidiges Gleiten etwa beim Spurwechsel.
Auch beim Preis gibt es keinen Unterschied, egal ob mit 4,5 oder 10 Grad kostet die Hinterachslenkung 1355 Euro netto. Eine absolut empfehlenswerte Inveatition.
Die Sache mit dem standesgemäßen Motor
Der Testwagen unterschied sich abgesehen von der Hinterachslenkung auch noch in einem weiteren wesentlichen Punkt vom hier bereits befahrberichteten Fahrzeug: Unter der Haube werkte der Basisdieselmotor. Was ein wenig nach Brot und Butter klingt, hat in der Realität so gar nichts von Verzicht. Bei geschlossenen Türen bekommt man vom Verbrennungsprinzip nichts mit, an die Ohren dringt lediglich leises Sechszylinder-Rauschen. Und obwohl die Leistung mit 286 PS die geringste im Programm ist, fühlt man sich auch in Sachen Vortrieb bestens versorgt, dank 600 Nm Drehmoment ab 1200/min. Der Standardsprint klapp ganz entspannt in 6,4 Sekunden. Und der Normverbrauchswert von 8,0 l/100 km ist relativ leicht zu erreichen. Mit einem Grundpreis von 121.390 unterbietet die Langversion des S 350d mit Allradantrieb den gut 80 PS stärkeren S 450 um 8400 Euro. Dass man mit diesen Preisen nicht in der Realität nicht durchkommt, zeigt der Testwagenpreis von knapp 175.000 Euro. Schließlich will man sich den Luxus, der angeboten wird, auch gönnen.
Mit dabei sind hier übrigens Matrix-Scheinwerfer.
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