Tumulte und Geschrei
Anti-Netanyahu-Regierung gewann Vertrauensvotum
Von Tumulten und Schreikonzerten geprägt war die Schlüsselsitzung der Knesset, des israelischen Parlaments, bei der die designierte Regierung von Naftali Bennett sich vor ihrer Vereidigung der obligatorischen Vertrauensabstimmung stellen musste. Ordner mussten einige Abgeordnete aus dem Plenarsaal führen. Mit 60 zu 59 Stimmen gewann die neue Anti-Netanyahu-Regierung dann denkbar knapp. Der riesigen Freude der Gegner des entmachteten Premiers Benjamin Netanyahu tat dies aber keinen Abbruch. Sie feierten ausgelassen vor den Toren der Knesset (siehe Video oben).
„Schande!“, schrien Abgeordnete aus dem Lager von Langzeit-Premier Benjamin Netanyahu, als dessen designierter Nachfolger Bennett seine Rede in der Knesset begann. Teilweise war von Bennetts Worten gar nichts zu verstehen. Schließlich mussten Ordner eingreifen und die Abgeordneten aus dem Saal führen.
Bennett, Parteichef einer rechtsnationalen Siedlerpartei mit nur sieben Mandaten, soll die ersten beiden Jahre Premier der Anti-Netanyahu-Regierung sein, dann soll ihm Yair Lapid, Chef einer Zentrumspartei, die mit 17 Sitzen zweitstärkste Kraft hinter Netanyahus Likud (30 Sitze) ist, im Amt folgen.
Netanyahu will neue Regierung „mit Gottes Hilfe“ stürzen
Netanyahu wird als Oppositionschef freilich alles daran setzen, dass es nicht so weit kommt. In seiner vorerst letzten Rede als Premier rief er seinen Anhängern zu: „Ich werde euch in einen täglichen Kampf führen gegen diese gefährliche Links-Regierung, und wir werden sie stürzen. Mit Gottes Hilfe wird das schneller gehen, als ihr glaubt.“ Sollte das tatsächlich gelingen, hat Netanyahu bereits klargemacht, dass er abermals als Spitzenkandidat des Likud in die Wahl ziehen möchte - die dann fünfte Wahl binnen kurzer Zeit. Vorerst aber ist jetzt die neue Regierung am Zug.
Kurz gratuliert neuer Regierung
Zu den ersten internationalen Gratulanten zählten neben US-Präsident Joe Biden die deutsche Regierungschefin Angela Merkel und Bundeskanzler Sebastian Kurz. „Ich freue mich darauf, mit Ihnen zu arbeiten“, twitterte Kurz auf Englisch. „(...) Wir werden weiterhin an Israels Seite stehen.“ Kurz hatte zu Netanyahu enge Kontakte gepflegt.
Netanyahu war von 1996 bis 1999 Ministerpräsident, seit 2009 ist er durchgängig Regierungschef. Länger als Netanyahu hat niemand seit Israels Staatsgründung 1948 regiert. Im Laufe seiner Amtszeit hat er sich mit vielen Politikern tief zerstritten und deren Vertrauen verloren. Viele Spitzenpolitiker auch aus Netanyahus rechtem Lager versagten ihm daher die Unterstützung. In der Kritik steht Netanyahu aber auch, weil ein Korruptionsprozess gegen ihn läuft.
Kronen Zeitung/krone.at
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.