Ist das Eis nun gebrochen? Der Gipfel von US-Präsident Joe Biden und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin am Mittwoch in Genf war kürzer als ursprünglich angepeilt. Dennoch gilt das Treffen nach Aussage beider Präsidenten als „konstruktiv“, einfach deshalb, weil sie diesen Eindruck erwecken wollten.
Beide sprachen danach in wohlwollenden Worten über den anderen. Es lag offenbar im Interesse von Washington und Moskau, die Streitfragen nicht außer Kontrolle geraten zu lassen. Man darf also hoffen, dass hinter den verschlossenen Türen in Genf ausreichend Substanz aufgebaut wurde, um wieder zu normalen politischen Verhältnissen zurückkehren zu können.
Erstaunlich und vielleicht typisch für unsere Zeit ist, dass die (getrennten) Pressekonferenzen der beiden Präsidenten länger gedauert haben als der Gipfel selbst. Beide spielten ihre Rolle: Putin war in seinem Element, Erwartungen zu wecken und Forderungen an die eigene Politik wegzuschwurbeln. Biden spielte an das heimische Publikum gerichtet den harten Knochen, mit dem nicht zu spaßen sei. Aber: Keiner redete schlecht über den anderen und das ist in unserer Zeit ja schon ein positives Faktum.
Alles in allem: Putin war nach dem Gipfel in bester Laune und äußerte sich zuversichtlich zu künftigen Perspektiven.
Kein Wunder - der Kremlchef hat auf jeden Fall sein Ziel erreicht: die Augenhöhe mit den USA, die er seinem Volk und der ganzen Welt zeigen konnte. Nichts ist der politischen Elite Russlands wichtiger als der Schein von Bedeutung.
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