„Datenschutz serienmäßig“ verspricht Apple für seine Bluetooth-Tracker AirTags, mit deren Hilfe verlorene Handtaschen und verlegte Schlüsselbunde der Vergangenheit angehören sollen. Doch in der Praxis lassen sich auch Personen und Fahrzeuge wochenlang orten, wie ein aktueller Test zeigt. Denn anders als zugesichert, warnen Apples AirTags nicht vor unerwünschtem Tracking.
Ein simpler Lautsprecher ist bei Apples AirTags das wichtigste Bauteil, um Personen vor unerwünschtem Tracking durch aufdringliche Verehrer, gewalttätige Ehepartner oder extremistische politische Gegner zu schützen. Denn die von Apple beworbene optische Warnung vor unerwünschtem Tracking gibt es nur bei iPhones, deren Marktanteil unter 30 Prozent liegt.
„Somit ist der größte Teil der Bevölkerung darauf angewiesen, dass sich ein AirTag per Tonfolge selbst zu erkennen gibt, was aber frühestens nach etlichen Stunden oder Tagen passiert und was sich leicht dauerhaft unterbinden lässt“, stellte Mirko Dölle von der Fachzeitschrift „c‘t“ in seinem Test fest.
Aufgrund der geringen Größe und der langen Laufzeit von bis zu einem Jahr ließen sich AirTags sehr leicht etwa im Innenfutter einer Jacke, eines Rucksacks oder einer Handtasche verstecken, um damit Personen unbemerkt zu überwachen. „Solange das AirTag immer wieder in der Nähe seines Eigentümers auftaucht, etwa weil man im gleichen Haushalt wohnt oder sich an der Arbeit regelmäßig über den Weg läuft, erscheint keine Meldung im iPhone der überwachten Person“, erklärt Dölle. Auch bleibe das AirTag stumm.
Für immer verstummt
Um ein AirTag für immer verstummen zu lassen, genügen dem Experten nach ein Akkuschrauber und ein Bohrer, um in wenigen Minuten mit einem einzelnen Bohrloch die im AirTag verbaute Lautsprecherspule zu durchtrennen. Damit zeichnet sich für Dölle das Missbrauchspotenzial der AirTags deutlich ab: „Wer die Wohnung etwa infolge häuslicher Gewalt verlässt und Zuflucht sucht, muss künftig damit rechnen, vom Lebenspartner binnen Stunden aufgespürt zu werden - wegen eines im Koffer, in der Handtasche oder in der Jacke versteckten AirTags.“
Und das funktioniere auch mit einem unmodifizierten Exemplar, da die akustische Warnung und eine etwaige Anzeige auf dem iPhone erst nach vielen Stunden ausgelöst werde, wenn man seinen neuen Aufenthaltsort längst verraten habe.
„Lieblingsspielzeug für politische Extremisten“
Dölle befürchtet daher, dass das AirTag zum Lieblingsspielzeug für politische Extremisten avancieren könnte, mit dem sie billig und extrem effizient etwa den Aufenthaltsort missliebiger Lokalpolitiker überwachen können. „Einfach hinter die Stoßstange kleben und man weiß immer, wo man das Opfer abpassen kann. Und selbst wenn das AirTag etwa vom Staatsschutz entdeckt wird: Sofern er nicht seine Fingerabdrücke darauf hinterlassen hat, führt keine Spur zum Täter“, heißt es in einer Mitteilung der „c‘t“.
Apple hat in einer Stellungnahme gegenüber der Zeitschrift angekündigt, im Laufe des Jahres eine Android-App bereitstellen zu wollen, mit der man AirTags und andere „Wo ist?“-kompatible Geräte auffinden können soll, die eine andere Person fernab des Eigentümers begleiten. Damit hätten Android-Nutzer immerhin eine Chance, ein AirTag frühzeitig zu entdecken. Außerdem soll sich das AirTag künftig schon nach acht bis 24 Stunden akustisch bemerkbar machen und nicht erst nach drei Tagen.
Das sei ein Schritt in die richtige Richtung, genügt Dölle aber nicht: „Es vergeht immer noch zu viel Zeit, in der man das AirTag unbemerkt etwa bis nach Hause trägt.“
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