Koalition uneinig

Zadic: Abschiebungen nach Afghanistan „überdenken“

Politik
18.06.2021 15:34

Abgelehnte Asylwerber nach Afghanistan abschieben: Diese österreichische Praxis sieht Justizministerin Alma Zadic (Grüne) kritisch, wie sie am Freitag am Rande einer Pressekonferenz durchblicken ließ. Ohne das Innenministerium direkt anzusprechen, sprach sie sich dafür aus, Rückführungen zu „überdenken“ und die entsprechenden Stellungnahmen des UNHCR zu berücksichtigen. Dieses warnt wegen der schlechten Sicherheitslage vor Abschiebungen. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) wies dies in einer Stellungnahme zurück. Österreich werde nach wie vor Rückführungen nach Afghanistan durchführen, wie dies auch EU-weite Praxis sei.

Eigentliches Thema der Pressekonferenz waren die seit einem halben Jahr wieder verstaatlichte Flüchtlingsbetreuung sowie Rechtsberatung. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) zog eine erste positive Bilanz. Die Ressortchefin sieht die Qualitätsstandards gewahrt, teils sogar ausgebaut, da nun zwingend Personal zum Einsatz kommt, das ein Jus-Studium abgeschlossen hat. Die Reform geht auf die türkis-blaue Regierung zurück und war von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vorangetrieben worden.

Justizministerin Alma Zadic (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Justizministerin Alma Zadic

Die von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen organisierte Flüchtlingsbetreuung ging damit zurück an den Staat. Auch die Rechtsberatung wanderte in die neu errichtete Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU). Sie war bis dahin in den Händen von NGOs gelegen, denen Zadic am Freitag nochmals für deren qualitativ hochwertige Arbeit dankte. Doch auch mit dem Ist-Zustand zeigte sich die Justizministerin zufrieden. Sechs Monate nach Aufnahme der Arbeit könne man sagen, dass die „absolute Unabhängigkeit der Rechtsberatung“ weiter gewährleistet sei.

Beratung „arbeitet unabhängig und weisungsfrei“
So dürfen die Rechtsberater an die Geschäftsführung oder eines der zuständigen Ministerien nicht über Gespräche berichten und das Management darf auch keine Weisungen erteilen. Auch die personelle Kontinuität sei gewahrt geblieben, dankte sie für die Übernahme des schon davor in dem Bereich für die NGOs tätigen Personals. Unabhängigkeit sei ebenso gewahrt worden wie Vertraulichkeit. Dazu gebe es einen Qualitätsbeirat.

Sabine Matejka, Vorsitzendes des Qualitätsbeirats, stellte der staatlichen Flüchtlingsbetreuung ein gutes Zeugnis aus. (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Sabine Matejka, Vorsitzendes des Qualitätsbeirats, stellte der staatlichen Flüchtlingsbetreuung ein gutes Zeugnis aus.

Dessen Vorsitzende ist die Chefin der Richter-Vereinigung Sabine Matejka. Sie kündigte bei dem Pressetermin an, dass man einmal pro Jahr Vorschläge und Empfehlungen erstatten werde. Bisher sei die Zusammenarbeit mit der BBU sehr gut. Kontakt will Matejka auch mit der Kindeswohl-Kommission unter der ehemaligen OGH-Präsidentin Irmgard Griss aufnehmen, die von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) nach der umstrittenen Abschiebung einiger Kinder nach Georgien und Armenien eingesetzt worden war.

3600 Beratungen in fünf Monaten
Die Rechtsberatung wird automatisch allen Flüchtlingen brieflich angeboten, die einen negativen Bescheid in Händen haben. Der Leiter der zuständigen Stelle Stefan Klammer erläuterte, dass in der Folge über die Entscheidung aufgeklärt und eine Perspektivenabwägung gegeben werde. In den ersten fünf Monaten habe man in 3600 Fällen eine Bescheidberatung durchgeführt. In mehr als 1000 Fällen seien Rechtsmitteln erhoben worden.

Tätig sind in der Rechtsberatung 140 Personen, darunter 20 Administrativkräfte. Neben Beratung und Vorbereitung auf Gerichtstermine kann auf Wunsch auch die Vertretung vor Gericht selbst übernommen werden. Mehr als 1600 Mal ist dies von Jänner bis inklusive Mai auch passiert.

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