Mit der Wahl mit 88,24 Prozent der Stimmen beim außerordentlichen FPÖ-Parteitag am Samstag ist Herbert Kickl nun auch offiziell der Parteichef der Freiheitlichen. Kickl tritt damit die Nachfolge Norbert Hofers an, der bei seiner Abschiedsrede am Samstag sagte, die Obmannschaft sei „in Freundschaft, Einigkeit und Stärke“ übergeben worden. Während Hofer sich versöhnlich gab, zeigte Kickl sich in seiner rund 1,5 Stunden lange Rede kämpferisch: „Ich bin bereit.“ Auch Kritik an Kickl wurde beim Parteitag laut. Der neue Obmann zeigte dafür Verständnis, gab aber auch die Stoßrichtung vor: „Gerne auch rechts.“
Vor Beginn des Parteitags deutete nichts auf gröbere Unstimmigkeiten unter den Delegierten, die nach und nach in die Arena Nova in Wiener Neustadt strömten, hin. Zumindest nach außen wurde der Rückhalt für Kickl betont. Für gute Stimmung sorgte Blasmusik. Jubel gab es dann auch, als die FPÖ-Parteispitze, angeführt schon von Kickl in Begleitung Hofers einzog. Begrüßt wurden die Delegierten durch „Gastgeber“ Udo Landbauer - der niederösterreichische Landesparteichef wird neuer Obmann-Stellvertreter.
Vor der Rede des neu zu wählenden Obmanns hatte ein Gegner des neuen Parteichefs in einem Rede-Beitrag kein Hehl aus seiner Ablehnung gemacht: Karl Wurzer, stellvertretender Landesparteiobmann in Niederösterreich, kündigte offiziell an, gegen die neue Führung zu stimmen. Dafür gab es Buh-Rufe vieler Delegierte, weswegen Generalsekretär Michael Schnedlitz erst einmal beruhigen musste. Das freie Wort zeichne die FPÖ aus, appellierte er an das Plenum.
Dort schloss auch Kickl an. Diskussion und Kritik gehörten zur FPÖ und seien das Salz in der Suppe - was „allemal besser als zu süß“ sei. Die Freiheitlichen seien eine lebendige Partei. „Ich will ja kein Nachlassverwalter sein“, so Kickl. Zur offen geäußerten Kritik am Parteitag meinte er, dass dies immer „aus einem großen Geist der Gemeinsamkeit heraus“ geschehe. Konfrontation suchte Kickl lieber ein weiteres Mal nach außen und teilte naturgemäß gegen alle Parteien aus, vor allem gegen die „türkise Karrieristen-Bagage“.
„Vieles, was heute als rechts verunglimpft wird, ist schlicht normal“
So bezeichnete er die ÖVP-Spitze als „türkises Wimmerl auf einem schwarzen Korpus“. Aber auch die SPÖ, deren „letzte Vernunftbegabte“ - gemeint ist Hans Peter Doskozil - sich in die pannonische Tiefebene verzogen hätten, bekamen ihr Fett ab. Die Grünen wiederum seien von der Macht regelrecht „zugekifft“ und „zugedröhnt“. Zu seiner politischen Gesinnung stellte Kickl klar, dass vieles, „was heute als rechts verunglimpft“ werde, schlicht normal sei.
„Herbert, du hast meine Stimme, du hast meine Unterstützung“
Hofer wiederum zeigte sich versöhnlich. Im Gegensatz zu früheren Obmann-Wechseln in der FPÖ übergebe er die Parteiführung nun „in Freundschaft, Einigkeit und Stärke“, sagte er in seiner Rede und in Richtung seines Nachfolgers Kickl: „Du hast meine Stimme, du hast meine Unterstützung!“ Er selbst, Hofer, habe das „Schiff“ FPÖ - nachdem dessen Kapitän Heinz-Christian Strache „von der Brücke gespült wurde“ - wieder in einen sicheren Hafen gebracht. Kickl werde dieses wieder hinausführen.
Der geschäftsführende Obmann Stefan sagte, Kickl habe einen großen Beitrag zur Stärke der FPÖ geliefert, nicht zuletzt als Kandidat für die Hofburg. „Er war und ist der Bundespräsident der Herzen“, befand Stefan, als neuer Obmann nach dem Ibiza-Skandal habe sich Hofer „brutal selbst ausgebeutet“. Hofer wünsche er, dass er sich „jetzt mehr schonen“ kann, er sagte aber auch: „Norbert, wir werden dich sicher noch brauchen.“
Latte lag hoch - und wurde nicht erreicht
Misst sich Kickl an seinem Vor-Vorgänger Strache, lag die Latte hoch: Bei seiner letzten Wahl 2017 bekam der über das Ibiza-Video gestolperte Langzeitparteichef 98,7 Prozent Zustimmung. Hofer kam 2019 auf fast ebenso viel, nämlich 98,3 Prozent, diesmal waren es mit 88,24 Prozent der Stimmen weniger. 673 Stimmen wurden beim außerordentlichen Parteitag abgegeben, davon stimmten 585 für Kickl. Zehn waren ungültig.
Kickl schlug als seinen Bundesobmannstellvertreter Udo Landbauer vor, Niederösterreichs Landesparteichef. Dieser wurde mit nur einer Gegenstimme per Handzeichen gewählt.
Rückt die FPÖ weiter nach rechts?
So wie damals wird sich auch mit - als äußerst scharfzüngig bekannten - Kickl an der Spitze nicht nur die Rhetorik, sondern auch die inhaltliche Ausrichtung ändern. Der neue FPÖ-Parteichef hat stets offen mit den Corona-Maßnahmengegnern sympathisiert. Die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte „Identitäre Bewegung“ nannte er kurz nach seiner Designierung ein „interessantes und unterstützenswertes Projekt“.
Meinl-Reisinger als Parteivorsitzende bestätigt
Neben den politischen Weichenstellungen bei der FPÖ haben am Samstag auch bei den NEOS interne Wahlen stattgefunden. Beate Meinl-Reisinger stellte sich dabei der Wiederwahl als Parteivorsitzende und wurde mit 93 Prozent der Stimmen bestätigt.
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