Überraschung blieb aus
Hardliner Raisi gewinnt Präsidentenwahl im Iran
Der Kleriker Ebrahim Raisi hat mit einem Stimmenanteil von 62 Prozent klar die Präsidentschaftswahl im Iran gewonnen. Damit landete er eindeutig vor dem Reformer Abdolnasser Hemmati, dem nur Außenseiterchancen eingeräumt wurden. Der erzkonservative Justizchef Raisi wurde schon im Vorfeld als Topfavorit gehandelt.
Von 28,6 Millionen ausgezählten Stimmzetteln seien „mehr als 17,8 Millionen“ auf Raisi entfallen, erklärte der Vorsitzende der nationalen Wahlkommission am Samstag in Teheran. Wahlberechtigt waren mehr als 59,3 Millionen Iraner. Damit folgt er Hassan Rouhani als Präsident nach, der nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten durfte.
Nur sieben Kandidaten zugelassen
Der 60-jährige Geistliche Raisi sieht sich als Nachfahre des Propheten Mohammed, im schiitischen Klerus hat er den zweithöchsten Rang eines Hojatoleslam inne. Als Politiker präsentiert sich der Ultrakonservative als „unerbittlicher“ Kämpfer gegen Armut und Korruption. Von den ursprünglich knapp 600 Bewerbern hatte der Wächterrat nur sieben Kandidaten zugelassen. So durfte der moderat-konservative Ex-Parlamentspräsident Ali Larijani, Chefunterhändler des Atomabkommens, überraschenderweise nicht kandidieren. Drei weitere Anwärter warfen zwei Tage vor der Abstimmung das Handtuch.
Gegen Raisi traten damit nur drei Kandidaten an: der Abgeordnete Amirhossein Ghazizadeh-Hashemi, der frühere Chef der Revolutionsgarden, Mohsen Rezaee (Resai), und als einziger reformorientierter Kandidat Ex-Zentralbankchef Abdolnasser Hemmati.
Trügerische Fernsehbilder
Während im iranischen Staatsfernsehen Bilder von Flaggen schwenkenden Wählern dominierten, wurde abseits der Kameras vielfach Unmut laut. „Ob ich jetzt wähle oder nicht, es wurde schon jemand gewählt“, sagte der Teheraner Geschäftsbetreiber Said Sareie mit Blick auf die Vorauswahl der Präsidentschaftskandidaten. „Sie organisieren die Wahlen für die Medien.“ Der Teheraner Automechaniker Nasrollah sagte: „Alle Familien stehen vor wirtschaftlichen Problemen. Wie können wir für diese Leute stimmen, die uns das angetan haben?“
Ultrakonservative weiter im Aufwind
Die iranische Exil-Opposition hatte zum Boykott der Wahl aufgerufen. Sie sieht in der Abstimmung in erster Linie den Versuch, den Einfluss der Ultrakonservativen im Land zu zementieren. Angesichts der schweren wirtschaftlichen und sozialen Krise im Iran ist die Unzufriedenheit der Bürger groß. Die Wirtschaft des ölreichen Landes ist infolge der strikten US-Sanktionen am Boden, die Bevölkerung leidet unter der anhaltenden Inflation und Arbeitslosigkeit. Die Corona-Krise verschlimmerte die Lage zusätzlich.
Die politische Macht liegt im Iran seit der Revolution 1979 beim geistlichen Oberhaupt des Landes. Als höchster Vertreter des Staatsapparats übt der Präsident jedoch bedeutenden Einfluss etwa in der Industriepolitik und der Außenpolitik aus.
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