Im Salzburger Dom werden Gäste ab 23. Oktober zur Kasse gebeten. Fünf Euro soll der Eintritt kosten. Das sorgt österreichweit für Diskussionen.
Zwei Jahre lang wurde intern diskutiert, nun ist die Entscheidung gefallen. Dass im Salzburger Dom ab 23. Oktober fünf Euro Eintritt pro Person zu bezahlen sind, bleibt aber selbst innerhalb der Kirche umstritten.
Für Kritiker steht der offiziell „Erhaltungsbeitrag“ genannte Obolus im Widerspruch zu einer „für alle offenen“ Kirche. Eine Mehrheit im Salzburger Gremium sieht jedoch an Tagen mit bis zu 1500 Menschen gleichzeitig im Dom die Grenze zum berüchtigten „Overtourism“ überschritten. Die Balance zwischen spirituellem Gotteshaus und touristischer Sehenswürdigkeit sei nicht mehr gegeben.
Wir müssen weg davon, dass Touristen reinstürmen und nach zwei Minuten wieder gehen.
Hermann Signitzer, Erzdiözese Salzburg
Eine abschreckende Wirkung längerer Warteschlangen vor der Dom-Kasse sei sogar gewollt. „Wir müssen weg davon, dass Touristen reinstürmen und nach zwei Minuten wieder gehen. Eine Verlangsamung der Besucherströme soll die Ruhe und Würde des Hauses wiederherstellen. Der Dom ist ein Kultraum, kein Durchhaus“, sagt Hermann Signitzer von der Erzdiözese Salzburg. Auch die Bausubstanz habe bereits unter dem Ansturm der Massen gelitten.
Kirchenbeitragszahler bekommen freien Eintritt
Wer zum Beten in den Salzburger Dom möchte, soll dies weiterhin gratis tun dürfen, auch die Kirchenbeitragszahler bekommen per Jahresticket freien Eintritt. Das Einlasspersonal wird geschult, nicht im Stile von Parksheriffs zu agieren, sondern Konflikte zu vermeiden und im Zweifel eher großzügig zu sein.
Im Wallfahrtsort Mariazell ist eine Eintrittsgebühr kein Thema. Pater Michael Staberl erklärt im Gespräch mit der „Krone“: „Weil es eine Kirche ist, die von den Menschen fast ausschließlich zum Gebet aufgesucht wird - und da kann man nichts verlangen.“ Er schließe das „absolut aus und es ist in einem Wallfahrtsort wie Mariazell nicht einmal eine Diskussion wert“.
Es sei eher ein Thema für große Stadtkirchen, die weitgehend von Städteführungen und Touristen besucht werden. In Deutschland komme es etwa immer wieder vor, dass man für die Erhaltung der Kirche einen Euro zahlt. „Aber nicht einmal so ein niedriger Betrag komme in Mariazell infrage. Wir können nicht den Zugang zur Gottesmutter, zu diesem Wallfahrtsheiligtum an irgendeine Zahlung knüpfen.“
Die Wiener Karlskirche gilt als eine der wichtigsten Kirchen dieses Baustils in Mittel- und Nordeuropa. Als besonders spektakulär wird ihre Kuppel empfunden, die in einer Ellipsenform errichtet wurde. Auch die Reliefsäulen, die die Kuppel flankieren, sind eine nähere Betrachtung wert. Das Ticket berechtigt zu einer Fahrt mit dem Panoramalift sowie zum Eintritt in die Schatzkammer (Museo Borromeo) und das Museo Novo - beide befinden sich in der Kirche. Einige Besucher schreckt die Gebühr jedoch ab. So auch Wolfgang B., der sich auf der Homepage der Karlskirche ärgert: „Beim Eintrittsgeld von acht Euro habe ich sofort kehrtgemacht.“
Im Stephansdom zahlt man für den Aufzug zur Pummerin auf den Nordturm, aber auch für die Treppen auf den Südturm. In beiden Kirchen gilt: Wer die Kirche zum Gebet aufsucht, wird nicht zur Kassa gebeten.
„Langsam kommen wieder Touristen nach Hallstatt“, sagt Pfarrer Richard Czurylo. Die Kirche hier kann jeder kostenlos besichtigen. Viele Besucher kaufen eine Kerze und zünden sie an, um ihrer Toten zu gedenken. Von Eintrittsgeld hält er nichts: „Die Kirche soll frei und offen sein für alle!“
In OÖ sind lediglich Führungen zu bezahlen
Das sieht auch der Hallstätter Bürgermeister Alexander Scheutz so: „Eine Kirche ist kein Museum!“ Kommen wieder viele Bustouristen aus anderen Ländern oder Kontinenten, „werden wir geführte Gruppen forcieren“. Eine Besichtigung des berühmten Beinhauses kostet aber schon etwas. Mit den Einnahmen werden notwendige Renovierungsarbeiten an Kapellen, Kirchtürmen und Gebäuden in der Pfarre finanziert. Generell muss man derzeit in Oberösterreich in keiner einzigen Kirche Eintritt bezahlen, auch nicht im Linzer Mariendom; lediglich Führungen sind zu berappen.
Im Ausland: Mehr Sehenswürdigkeit als spiritueller Ort
Als Urlauber sind wir es im Ausland bereits gewohnt, in bekannten Kirchen und Domen zur Kassa gebeten zu werden. Touristen kennen das Prozedere: Wer in architektonische Kulturdenkmäler möchte, muss dafür zumeist zahlen - auch in Gotteshäusern. Häufig werden Kombitickets angepriesen. Wie etwa in Barcelona für die Sagrada Família: Bei Eintritt mit Audioguide liegt der Preis bei rund 30 Euro. Will man noch den Turm besichtigen, muss man noch tiefer in die Tasche greifen (insg. 40 Euro).
Durch solche Maßnahme hoffen Kirchenverwalter, die enorme Zahl von Besuchern in Grenzen zu halten und zugleich Finanzmittel für die Renovierung der Gebäude zu sammeln. In Italien sorgte das bereits vor rund 15 Jahren für Diskussionen: So warnte damals der Florentiner Kunstexperte Antonio Paolucci vor der Gefahr, Kirchen in Museen umzuwandeln und daraus Gewinn zu schlagen. „Kirchen verlieren so ihre alte Funktion als religiöse Stätten mit wichtigen Kunstschätzen, die allen offen stehen.“
Philosoph Liessmann: „Logischer Schritt“
Für Dr. Konrad Liessmann, Univ.-Prof. für Philosophie und Ethik, ist die Domerhaltungsgebühr in Salzburg ab Herbst „durchaus nachvollziehbar und ein logischer Schritt“. Denn der Dom präsentiere sich auch als Museum.
„Es ist ein Trend, der nicht auf Österreich beschränkt ist. Das ist international so üblich.“ Man denke nur an Mailand, Florenz oder Barcelona (siehe oben). „Denn eine Kirche ist nicht nur ein Gotteshaus, sondern auch ein Kulturdenkmal und genau deshalb auch als Sehenswürdigkeit zu betrachten“, betont der gebürtige Kärntner.
Er sieht den touristischen Anspruch, der an ein Gotteshaus als Kulturjuwel gestellt wird, ganz klar. Besucher bekämen ja auch einiges geboten, wie Audio-Guides usw. „Wenn der Raum nicht nur dafür genützt wird, wofür er ursprünglich gedacht war - nämlich für Stille, Andacht, Gottesdienste oder intime Beichtsituationen - dann ist das eine völlig andere Situation und der Eintrittspreis deshalb durchaus zu vertreten.“
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