Die Corona-Pandemie hat der Einstellung der Österreicher zur Demokratie einen Dämpfer verliehen. Nur noch 69 Prozent der Befragten im jüngsten „Demokratieradar“ der Universitäten Graz und Krems sahen sie gut oder sehr gut funktionieren, während in den Befragungen davor der Wert stets deutlich über 70 Prozent kam. Zu Pandemiebeginn war er sogar bei 78 Prozent gelegen. Es brauche einen Heilungsprozess unter Einbindung der Bürger, so eine Schlussfolgerung der Forscher.
Generell sahen die Befragten eine eher negative Entwicklung Österreichs, seit Beginn der Krise stieg diese Einschätzung auf 68 Prozent. Der Wunsch nach einem grundlegenden Umbau des politischen Systems Österreichs ging in der nunmehrigen siebenten der halbjährlich durchgeführten Befragungswellen (März bis Juni 2021, rund 4500 telefonisch und online Befragte) auf 46 Prozent hinauf (erstes Halbjahr 2020: 32 Prozent, zweites Halbjahr: 35 Prozent).
Dies kausal nur auf die Pandemie oder auf die österreichische politische Lage zurückzuführen, ist laut Flooh Perlot von der Uni Graz nicht möglich. Im Europavergleich liegt Österreich bei der Demokratiezufriedenheit mit 68 Prozent jedenfalls im vorderen Drittel des Eurobarometers, der Rückgang zum Winter 2020 betrug aber beachtliche sieben Punkte.
Verschwörungstheorien unter die Lupe genommen
Der Corona-Pandemie widmeten die Forscherinnen einen eigenen Schwerpunkt, konkret den damit einhergehenden Verschwörungstheorien. Aus der Zustimmung zu fünf Einzelaussagen - vom Vorwurf der Regierungskontrolle über absichtliche Demokratieschwächung, vertuschte Impfgefahren, die Rolle Chinas bei der Entstehung des Virus bis zur Überwachung der Weltbevölkerung durch Bill Gates - wurde ein Index erstellt. Zustimmung zu all dem kam eher von Menschen mit formal niedrigerer Bildung, wirtschaftlicher Schwäche oder auch FPÖ-Nähe.
„Andere Meinungen sind ungewohnt geworden“
Politikwissenschafterin Daniela Ingruber schloss aus all dem direkte Auswirkungen von Pandemie und Lockdowns auf die Demokratiezufriedenheit. Aufgrund eingeschränkter Sozialkontakte habe die Gesellschaft ein wenig verlernt, miteinander zu reden und zu diskutieren. Der Umgang mit anderen Meinungen sei ungewohnt geworden. Nun müsse Demokratie von den Menschen wieder neu erarbeitet werden, eine Aufgabe für die Regierung, aber nicht nur.
Menschen, die weniger anderen Menschen vertrauen, sind auch weniger zufrieden mit der Demokratie.
Karin Praprotnik, Politikwissenschaftlerin
Ihre Kollegin Karin Praprotnik stimmte ihr zu. Es sei aus den Befragungsdaten ablesbar, dass auch das Vertrauen in die anderen Menschen gesunken sei, wohl auch durch die gesunkenen zufälligen Sozialkontakte. „Da ist schon Vertrauen erodiert“, meinte sie: „Menschen, die weniger anderen Menschen vertrauen, sind auch weniger zufrieden mit der Demokratie.“
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