Die Delta-Variante des Coronavirus hat die erste Hälfte des Besuches von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Dienstag in Deutschland geprägt. In der Berliner Charité traf sich Kurz mit Christian Drosten, dem Leiter der Virologie in Europas größtem Krankenhaus, wobei die Entwicklung der Mutation im Herbst im Mittelpunkt des Gesprächs stand. Die Delta-Variante sei mittlerweile überall angekommen, da bräuchte es einen Zauberer, wenn sie ganz verschwinden solle, so Kurz. Dennoch zeigte er sich optimistisch.
Es sei absurd, „so zu tun, als ob sie verschwinden würde, und es ist ein Irrglaube, zu meinen, dass wir das auslöschen können“, sagte Kurz. Man dürfe die Menschen allerdings nicht total verunsichern. An die Delta-Variante werde man sich zwar gewöhnen müssen, aber mit der Impfstrategie auch ohne Lockdowns durch den Herbst kommen, sagte der Bundeskanzler nach dem Gespräch mit Drosten in Europas größtem Krankenhaus.
Von einer Überlastung der Intensivbetten sei Österreich auch in der dritten Welle „meilenweit“ entfernt. Dennoch müsse man damit rechnen, dass die Ansteckungszahlen wieder steigen könnten. „Aber mit dem Impfstoff sind wir auf gutem Weg.“ Österreich werde „weiter intensiv impfen“ sowie „die Tests aufrechterhalten“ und „den Öffnungskurs konsequent fortsetzen“.
Der Virologe Drosten erklärte, durch die Impflage gehe der Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Krankheitslast immer mehr verloren. Man müsse den Blick nach England richten, wo die Zahl der Delta-Variante ansteige. „Das kann auch in Deutschland passieren“, betonte Drosten. Aber Österreich und Deutschland könne man zugutehalten, dass, sollten die Fallzahlen im Juli steigen, die Schulferien für Entspannung sorgen würden. Davon könne Großbritannien nicht profitieren, da die Erhöhungen der Inzidenz bereits im Mai, also ohne Ferienzeit, erfolgt seien.
Kurz: Europa muss selbstbewusster auftreten
In seiner Rede auf dem „Tag der deutschen Industrie“ wagte Kurz einen positiven Ausblick, nachdem Europa „viele Lektionen aus Corona gelernt“ habe. Europa müsse aber selbstbewusster auftreten und der Erste sein wollen. Die Politik sei zwar verantwortlich für Zielsetzung und Rahmenbedingungen, sagte Kurz vor den Vertretern des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).
Aber welche Innovationen sich letztlich durchsetzten, das werde von Wissenschaft und Wirtschaft entschieden und nicht von der Politik durch Gebote oder Verbote. Als Beispiel nannte er: „Uns ist dabei der Verbrennungsmotor, der mit synthetischen Kraftstoffen betrieben wird, genauso recht, wie die Batterie, die mit erneuerbarer, nicht-nuklearer Energie aufgeladen ist.“
Austausch mit Bundestagspräsident Schäuble
Das Gespräch mit Wolfgang Schäuble diente dem Überblick über die politische Lage. Kurz verwies auf das freundschaftliche Verhältnis, das ihn mit Schäuble verbinde. „Ich kenne ihn lang und schätze ihn sehr“, so Kurz vor dem Termin im Bundestag. Auf die Frage, ob dies auch umgekehrt gelte, nachdem Schäuble in einem jüngst erschienenen Buch mit der Bemerkung zitiert worden sei, er lehne das „System Kurz“ ab, sagte Kurz nur, er kenne das Buch nicht. Er habe ein sehr gutes Verhältnis zum Parlamentspräsidenten und stehe mit ihm in freundschaftlichem Austausch.
Am Montag hatte Kurz im Vorfeld der Reise in einer Videokonferenz mit Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel über die Pandemie-Entwicklung in Europa gesprochen. „Die Situation entwickelt sich in Deutschland wie in Österreich sehr gut, mit niedrigen Ansteckungszahlen“, zeigte sich Kurz laut Bundeskanzleramt erfreut.
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