"Krone"-Interview

Nagl: Keine “Bettel-Zonen” und falscher Sparkurs im Land

Steiermark
06.02.2011 14:16
Keine "Bettel-Zonen", falscher Sparkurs im Land, Ärger über einen "Polit-Millionär", kein Applaus für die Grünen, fehlende Professionalität bei den Graz-Linien: Der Grazer ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl findet im Interview mit der "Steirerkrone" klare Worte.

"Krone": Das Land schnürt ein beinhartes Sparpaket. Fürchten Sie Auswirkungen auf Graz?
Siegfried Nagl: Was das Land tut, einfach linear überall zu kürzen, das ist politisch nicht machbar. Es braucht Strukturreformen, wie wir sie mit der Haus-Graz-Reform gemacht haben. Das Land darf auch nicht aufhören, in nachhaltige Infrastrukturprojekte zu investieren, das schadet der Wirtschaft, kostet Jobs. Wir haben das in Graz anders gemacht. Und natürlich fürchte ich Auswirkungen auf Graz, es ist undenkbar, dass wir auffangen, was das Land einspart!

"Krone": Was halten Sie vom neuen FP-Verkehrslandesrat Gerhard Kurzmann und dessen Drohung, Zahlungen für den Nahverkehrsknoten Hauptbahnhof zu stoppen?
Nagl: Die Blauen haben nichts für Graz übrig. Es gibt zwei Arten von Politikern: solche die kritisieren und anderen ein Haxl stellen, und solche, die zupacken, Lösungen suchen, dabei manchmal auch Fehler machen. Für mich ist klar, zu welcher Sorte Kurzmann gehört.

"Krone": Zu Graz: Das Bettelverbot wird kommen. Dann soll die Stadt "Bettel-Zonen" erlauben können. Wollen Sie das?
Nagl: Ausnahmen sind mit mir nicht machbar. Betteln kann und darf im 21. Jahrhundert kein Beruf sein! Das habe ich immer gesagt!

"Krone": Die Graz-Linien (GVB) stolpern von einer Panne in die nächste Pleite. Geht Ihnen das nicht auf die Nerven?
Nagl: Es gibt ein neues Management, ich erwarte mir da Professionalität! Die positiven Leistungen der Graz-Linien sind ja bitteschön nicht so ohne.

"Krone": Apropos Graz-Linien: Die Grünen wollen nach Einkommen gestaffelte Öffi-Tickets und auch eine Stellplatzabgabe für Großparkplätze. Freut Sie die Dynamik Ihres Koalitionspartners?
Nagl: Jeder kann sich öffentlich ins Fenster stellen, Vorschläge machen und keinen Applaus ernten. Die Vorstellung, sich mit dem Gehaltszettel um ein Öffi-Ticket anzustellen, ist absurd.

"Krone": Finden Sie, dass der neue Grazer SP-Chef Edmund Müller seine Sonderpension für seinen Job beim Joanneum-Research von 914.000 Euro bekommen sollte?
Nagl: Ich war sehr froh, dass wir in Graz diese Polit-Pensionsdebatte vom Tisch hatten, weil es Politikerpensionen nicht mehr gibt. Jetzt kommt die Diskussion von außen wieder herein, dass da einer vielleicht abkassieren will. Für mich ist schwer vorstellbar, dass an der Spitze der SP ein Polit-Millionär sitzt und über soziale Probleme spricht.

"Krone": Wie lautet Ihr Resümee für das Jahr 2010? Mit der Wahl, Graz-Reininghaus, Koalitionskrise usw. lief es für Sie ja nicht besonders gut!
Nagl: Als Politiker war es für mich eines der anstrengendsten Jahre. Durch die Wahl und viele Nervositäten im Rathaus war ich sowohl Dompteur als auch Jongleur zugleich!

"Krone": Rückblickend: Haben Sie beim geplatzten Reininghaus-Deal Fehler gemacht?
Nagl: Es ist eine goldene Regel: Wer mehr zahlt, gewinnt. Mehr zahlen will in diesem Fall das Petruswerk. In der Politik muss man manchmal den Kopf für die guten, richtigen Ideen hinhalten, das ist hier die Entwicklung von Graz-Reininghaus. Diese Idee darf nicht sterben.

Interview: Gerald Richter, "Steirerkrone"

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