Covid, Migration, Türkei, Russland - alle wichtigen Themen des EU-Gipfels rückten angesichts des Regenbogens in den Hintergrund. In Brüssel waren am Donnerstag alle Augen auf Ungarns rechtsnationalen Premier Viktor Orbán, dessen umstrittenes Gesetz zur Homosexualität bereits in Kraft ist, gerichtet. 17 Staats- und Regierungschefs, unter ihnen auch Bundeskanzler Sebastian Kurz, unterzeichneten eine Protestnote.
Am schärfsten reagierte der niederländische Premier Mark Rutte. „Meiner Meinung nach haben sie in der Europäischen Union nichts mehr zu suchen“, sagte Rutte in Richtung Ungarn. „Wir müssen weiterhin gegen die Diskriminierung der LGBTI-Gemeinschaft kämpfen und erneut bekräftigen, dass wir ihre Grundrechte verteidigen. Respekt und Toleranz sind das Herzstück des europäischen Projekts“, so die 17 Regierungschefs in ihrem gemeinsamen Brief. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betonte im Vorfeld, Viktor Orbán direkt auf das umstrittene Gesetz anzusprechen.
Orbán selbst lässt, wenig überraschend, sämtliche Kritik an sich abprallen. Er schließt auch eine Rücknahme des Gesetzes aus, dieses enthält ein Verbot von Publikationen, die Kindern und Jugendlichen zugänglich sind und in denen Homosexualität dargestellt wird. Außerdem gibt es ein Verbot von Werbung, in der Homosexualität oder Transsexualität als normal erscheinen.
Merkel für koordiniertes Vorgehen der EU
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte indes eine geschlossenere Haltung der EU gegenüber Russland. „Die Ereignisse der letzten Monate haben deutlich gezeigt, dass es nicht reicht, wenn wir auf die Vielzahl russischer Provokationen unkoordiniert reagieren“, sagte Merkel in ihrer voraussichtlich letzten Regierungserklärung in ihrer bald 16-jährigen Amtszeit.
Weitere Wirtschaftssanktionen möglich
Beim EU-Gipfel in Brüssel sollen Russland zusätzliche Wirtschaftssanktionen angedroht werden. In dem jüngsten Entwurf für die Abschlusserklärung des Treffens heißt es, es gebe „die Notwendigkeit einer entschlossenen und koordinierten Reaktion der EU und ihrer Mitgliedstaaten auf jede weitere böswillige, rechtswidrige und disruptive Aktivität Russlands“.
EU weiter offen für Zusammenarbeit mit Russland
Zugleich soll laut dem Entwurf für die Abschlusserklärung des Gipfels an diesem Donnerstag und Freitag betont werden, dass die EU in bestimmten Bereichen offen für eine Zusammenarbeit mit Russland bleibt. Dazu gehören zum Beispiel der Klimaschutz sowie der Kampf gegen den internationalen Terrorismus und die Gesundheitspolitik. Russland begrüßte den Vorstoß für eine Rückkehr zu Spitzentreffen mit der EU am Donnerstag. „Wir bewerten diese Initiative positiv“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau.
Neue EU-Flüchtlingshilfen für die Türkei
Auch die Türkei wird Thema des EU-Gipfels sein. Die EU-Kommission legte laut EU-Kreisen einen Vorschlag auf den Tisch, wonach die Türkei für die Unterbringung von Flüchtlingen 3,5 Milliarden Euro bis 2024 erhält. „Wenn die Europäische Kommission hier zusätzliches Geld in die Hand nimmt ist es angemessen und in Ordnung es muss aber auch damit verbunden sein, dass verhindert wird, das Menschen illegal weiterziehen“, sagte Kurz.
„Grund- und Freiheitsrechte sind eingeschränkt“
Kurz wies aber auch auf die menschenrechtliche Situation in der Türkei hin: „Es finden dort nach wie vor Menschenrechtsverletzungen statt, Grund- und Freiheitsrechte sind eingeschränkt.“ Die schnelle Reaktion der EU auf die Entwicklungen in Weißrussland begrüßte Kurz, gleichzeitig betonte er, bei der Türkei nicht wegsehen zu wollen. „Glaubwürdigkeit hat man als EU immer dann, wenn man keine Doppelstandards“ setzt, so der Bundeskanzler.
Außerdem sprach sich Kurz dafür aus, dass die Quarantäne für Inhaber des Grünen Passes gänzlich wegfallen sollte. Er setzte sich auch für einheitlichere Bestimmungen ein, wann jemand als geimpft gelte: „Es wäre gut, wenn alle etwas großzügiger wären“, er sei sich aber nicht sicher, ob dies beim EU-Gipfel auch gelinge.
Kurz plädierte auch dafür, angesichts der sich auch in Europa verbreitenden Delta-Variante „nicht in Panik zu verfallen“. Die Entwicklung sei erwartbar gewesen. Virologen wie Christian Drosten hätten aber bestätigt, dass die Impfung wirke.
Kronen Zeitung und krone.at
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