„Krone“-Reportage

Bewohner: „Tornado machte im Ort vor nichts halt“

Ausland
25.06.2021 18:39

Fünf Tote, 200 Verletzte, Städte in Trümmern: Das ist die schreckliche Bilanz des verheerenden Tornados bei unserem nördlichen Nachbarn. Die „Krone“ hat sich in der tschechischen Katastrophenzone ein Bild von der Lage gemacht. Eine Welle der Hilfsbereitschaft gibt Hoffnung.

So als wäre nichts gewesen, brennt die Sonne herab – auf das, was einmal das Haus von Jakob war. Der 28-Jährige lebt – oder besser lebte – samt seinen Söhnen in dem 2600-Einwohner-Städtchen Moravska Nova Ves im Dreiländereck Tschechien-Österreich-Slowakei. Bis der gewaltige Tornado am Donnerstag das Örtchen dem Erdboden gleichmachte.

Jakob verlor beinahe seine Familie im Sturm. Was ihm bleibt, sind Trümmer - und sein Lächeln. (Bild: Imre Antal)
Jakob verlor beinahe seine Familie im Sturm. Was ihm bleibt, sind Trümmer - und sein Lächeln.

Familienvater: „Mein Sohn lag verletzt am Boden“
Für den „Krone“-Lokalaugenschein legt Jakob die Schaufel beiseite, mit der er den Schutt wegräumt, blinzelt in die Sonne und zündet sich eine Zigarette an. Ihm fehlen die Worte, einen Tag nachdem die Apokalypse über seine Heimat hereingebrochen ist. Und über sein Leben. Den einen Sohn, eineinhalb Jahre, hielt er fest an sich gepresst, als der Sturm mit mehreren hundert Kilometern pro Stunde die Fenster heraussprengte, den Dachstuhl abriss.

Panisch lief er ins verwüstete Zimmer seines zweimonatigen Buben. Der lag, aus seinem Bettchen geschleudert, schwer verletzt am Boden. Eine Träne läuft Jakob von der Wange. Er müsse weiterarbeiten, dann denke er nicht so viel an die schrecklichen Erlebnisse.

„Krone“-Reporter Stefan Steinkogler und Fotograf Imre Antal im Katastrophengebiet (Bild: Imre Antal)
„Krone“-Reporter Stefan Steinkogler und Fotograf Imre Antal im Katastrophengebiet

Tornado zog Schneise der Verwüstung
In dem kleinen Städtchen herrschen Trauer, Entsetzen, Ungläubigkeit. Noch scheint niemand so wirklich realisiert zu haben, dass man alles verloren hat. Es sind Szenen wie in einem Kriegsgebiet, der ganze Ort eine Schneise der Verwüstung. „Der Tornado machte vor absolut nichts halt“, sagt Herr Michal und schüttelt den Kopf. Er arbeitet für die Feuerwehr, räumt die Straßen notdürftig frei. Noch nie habe er so etwas gesehen.

Eines sticht jedoch aus all der Dramatik hervor: die Hilfsbereitschaft. Aus Österreich, aus tschechischen und slowakischen Städten kommen Freiwillige, packen an, wo es geht und wo sie gebraucht werden. Die Hitze macht niemandem etwas aus, jeder will seinen kleinen Teil zum Wiederaufbau der betroffenen Orte leisten.

Indes wurde der 200 Kilometer entfernte zweite Reaktor des Atomkraftwerks Temelin abgeschaltet. Die Superzelle habe drei Masten der Hochspannungsleitung gekappt, der Block wurde daraufhin automatisch heruntergefahren.

In Moravska Nova Ves hat man jedoch andere Sorgen. Das Leben müsse nach dem Sturm mit fünf Toten und 200 Verletzten im Ort trotzdem wieder irgendwie zurückkehren. Und dabei sind sich alle sicher: Das wird es auch bald wieder ...

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