Aus allen Wolken gefallen sind zwei Mitarbeiterinnen einer sozialen Interessenvertretung in Tirol. Zunächst wurden sie wegen einer ärztlichen FFP2-Maskenbefreiung dienstfrei gestellt, dann flatterte die Kündigung ins Haus. Der Grund: Sie haben eine Corona-Impfung verneint.
Beide Frauen haben Familien, eine von ihnen ist eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Und noch etwas verbindet sie: Die Tirolerinnen sind lungenkrank - eine hat COPD und Asthma, die andere hat Asthma, beide haben starke Allergien gegenüber Medikamenten.
Daher haben sie ein ärztliches Attest zur Befreiung der FFP2-Maskenpflicht. Und die Frauen lehnen eine Impfung gegen das Virus ab – mitunter wurde ihnen vom Facharzt von der Impfung abgeraten. Das alles ist den Tirolerinnen, die anonym bleiben möchten, nun zum Verhängnis geworden. Doch beginnen wir von vorne.
Freistellung im März
Ihr Arbeitsplatz ist eine soziale Interessenvertretung in Tirol, im Zuge derer die Mitarbeiter überwiegend in direktem Kontakt mit Personen stehen. „Aufgrund der FFP2-Maskenpflicht wurden wir im März dienstfrei gestellt – so lange, bis die Maskenpflicht wieder aufgehoben wird. Wir haben weiterhin unser Gehalt bekommen“, sagen die Frauen.
Zwei Varianten zur Wahl
Anfang Juni erhielten sie zwei Anrufe vom Arbeitgeber. „Wir wurden gefragt, ob wir uns freiwillig gegen Covid impfen lassen würden. Dann wurden zwei Möglichkeiten vorgelegt. Entweder tragen wir bei der Arbeit eine FFP2-Maske, dann sei eine Impfung nicht nötig. Oder wir tragen einen normalen Mund-Nasen-Schutz, doch dann müsse eine Impfung sein. Komme keine dieser Varianten infrage, laufe es auf die Kündigung hinaus. Wir haben angeboten, uns regelmäßig testen zu lassen, doch das wurde ausgeschlagen“, schildert das Duo.
Kein Schriftstück vonseiten des Arbeitgebers
Die Frauen haben folglich den Arbeitgeber gefragt, ob er ihnen diese interne Regelung schriftlich zukommen lassen könnte. „Dann ist die Situation so richtig eskaliert. ,Wenn Sie von mir etwas Schriftliches verlangen, erhalten Sie die Kündigung’, meinte einer der Zuständigen. Er hat uns eine einvernehmliche Kündigung angeboten, doch diese haben wir ausgeschlagen. Dann behauptete er, dass er unser Dienstverhältnis bereits im März hätte aufkündigen können. Das habe ihm damals die AK Tirol so nahegelegt“, sagen die Frauen.
Prompt befand sich die Kündigung im E-Mail-Posteingang der Frauen – ohne Kündigungsgrund. „Kurios ist, dass Arbeitskollegen weiterhin dort arbeiten, obwohl sie nicht geimpft sind.“
„Unter Wahrung aller Ansprüche beendet“
Was sagt der Arbeitgeber? „Die erwähnten Dienstverhältnisse wurden unter Einbeziehung des Betriebsrates sowie unter Wahrung aller Ansprüche der Dienstnehmerinnen beendet. Inhaltlich darf angemerkt werden, dass nur die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe i. S. der einschlägigen Verordnung zu einer Dienstfreistellung führt, nicht jedoch eine Maskenbefreiung aus medizinischen Gründen. Darüber hinaus erteilen wir keinerlei weitere Auskünfte im Zusammenhang mit der Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen“, heißt es.
Klares Statement der Arbeiterkammer Tirol
„In Österreich gibt es derzeit keine gesetzliche Impfpflicht“, betont das Gesundheitsministerium. Genauer analysiert das Arbeitsministerium den Fall der Tirolerinnen. „Die Expertenmeinungen zum Thema Covid-Impfung und Arbeitsrecht gehen auseinander. Zu dieser Frage gibt es keine Judikatur, an der man sich orientieren könnte“, heißt es, „eine direkte Wechselwirkung zwischen dem Nicht-Tragen einer FFP2-Maske und einer Covid-Impfung als Alternative lässt sich aus der Verordnung nicht herauslesen.“
„Das stellt rechtliches Neuland dar“
Thomas Radner, Leiter der Arbeitsrechtsabteilung der AK Tirol, verdeutlicht: „Die Frage, ob ein Arbeitgeber eine Impfung anordnen und ob wegen einer nicht erfolgten Impfung eine Kündigung ausgesprochen werden darf, stellt rechtliches Neuland dar. Der Gesetzgeber wird aus Gründen des öffentlichen Gesundheitsschutzes eine Impflicht anordnen dürfen, er hat dies aber bislang nicht getan. Daher stellt sich die juristische Frage, ob eine Kündigung sittenwidrig und daher rechtsunwirksam ist. In betriebsratspflichtigen Betrieben wäre eine Anfechtung der Kündigung als verpönte Motivkündigung denkbar.“
Der vermeinte Umstand, dass vonseiten der AK Tirol die Auskunft gegeben wurde, man könne eine Kündigung wegen einer Maskenbefreiung oder wegen der Verweigerung einer Impfung nicht bekämpfen, kann daher absolut ausgeschlossen werden!
Thomas Radner, Leiter der Arbeitsrechtsabteilung der AK Tirol
„Das schließen wir aus“
Für Maskenbefreite gebe es keinen eigenen Kündigungsschutz aufgrund der Befreiung. „Es könnte aber sein, dass die Maskenbefreiung auf einer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung beruht, die länger als sechs Monate andauert. Dann könnte die Kündigung eine unzulässige Diskriminierung aufgrund einer Behinderung darstellen“, weiß Radner und ergänzt: „Der vermeinte Umstand, dass vonseiten der AK Tirol die Auskunft gegeben wurde, man könne eine Kündigung wegen einer Maskenbefreiung oder wegen der Verweigerung einer Impfung nicht bekämpfen, kann daher absolut ausgeschlossen werden!"
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