„Keine Infektionen“
Westliche Forscherin nimmt Wuhan-Labor in Schutz
Wie genau SARS-CoV-2 auf den Menschen überging, ist nach wie vor ungeklärt. Ein Großteil der Experten weltweit geht davon aus, dass das Virus von Fledermäusen ausgehend über einen noch unbekannten Zwischenwirt - etwa Marderhunde in Pelztierfarmen - auf den Menschen übertragen wurde. Zuletzt ist aber die Theorie, ein Hochsicherheitslabor in der chinesischen Stadt Wuhan könnte der Entstehungsort des weltweit wütenden Coronavirus sein, durch US-Geheimdienstberichte erneut befeuert worden. Nun äußert sich die bisher einzige ausländische Wissenschaftlerin, die im Wuhan Institute of Virology gearbeitet hat, zur Labor-These und schildert die Vorgänge im Inneren.
Die Australierin Danielle Anderson gilt als anerkannte Virologin und war von 2016 bis kurz vor dem Ausbruch der Corona-Infektionen in Wuhan in dem Hochsicherheitslabor tätig. In einem Interview mit der Nachrichtenseite bloomberg.com wundert sich die Australierin über das Bild, das in zahlreichen Medien von ihrem ehemaligen Arbeitsplatz gemalt wird. Von mutmaßlich erkrankten Kollegen Wochen vor Bekanntwerden des Corona-Ausbruchs hat sie nach eigenen Worten nichts erfahren (siehe auch Video unten).
Engmaschiges Überwachungsnetz, Meldepflichten
Dies wäre jedoch im Falle tatsächlicher Erkrankungen unmöglich gewesen, da es in dem Virologie-Institut ein engmaschiges Überwachungsregime inklusive Meldepflichten gibt. Die Sicherheitsmaßnahmen, um ein ungewolltes Entweichen von Krankheitserregern, mit denen geforscht wird - darunter auch das von Fledermäusen übertragene Coronavirus - zu vermeiden, gibt es laut Anderson strenge Regeln sowohl beim Betreten als auch beim Verlassen des Areals.
Lesen Sie auch:
Nach Dienstschluss habe sich das Personal einer chemischen und danach einer normalen Dusche unterziehen müssen. Luft, Abwasser und Abfälle mussten gefiltert und sterilisiert werden. Über Headsets sei man ständig mit der Kommandozentrale verbunden gewesen.
„Ich wäre sicher auch infiziert worden“
Nach ihrem Dienstende und vor ihrer Corona-Impfung sei sie in Singapur auf Antikörper getestet worden. „Wenn Kollegen infiziert gewesen wären, hätte ich das auch bekommen. Aber ich war nie infiziert“, meint Anderson gegenüber „Bloomberg“. Zudem hätte sie auch „Tratsch und Klatsch“ über mögliche gefährliche Entwicklungen aufgeschnappt, da sie mit Institutskollegen regelmäßig auch in ihrer Freizeit unterwegs gewesen sei.
Fordert umfassende Untersuchung über Ursprung
Anderson schließt zwar nicht vollkommen aus, dass tatsächlich ein Unfall mit Coronaviren passiert ist, erachtet aber das Überspringen der Erreger von Tieren auf den Menschen nach wie vor als plausibelsten Ursprung. Dennoch sei eine „umfassende Untersuchung“ notwendig, betont die Expertin. Ein Expertenteam der WHO, das vor Ort Untersuchungen durchgeführt hatte, bezeichnete im März die Labor-Entstehung als „extrem unwahrscheinlich“. Ausgeschlossen wurde diese Möglichkeit aber nicht. Warum sie sich erst jetzt zu Wort meldet, erklärt die Australierin mit ihrer Angst vor Gewaltandrohungen, die andere Wissenschaftler in sozialen Medien, aber auch per Mail und Brief erhalten haben, nachdem sie sich zur Causa geäußert haben.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.