Wasserkraftwerke, und hier vor allem Pumpspeicher, lassen die Pegel in Flüssen in kurzer Zeit stark ansteigen und absinken - und das mehrmals täglich. Dieser „Schwall-Sunk-Betrieb“ gefährdet das ökologische Gleichgewicht massiv. Jungfische kommen millionenfach um. Besonders betroffen in Tirol: Inn und Ziller.
„Im Inn sind noch rund 20 Prozent des möglichen Fischbestandes vorhanden, im Ziller gar nur noch zwei Prozent“, berichtet Zacharias Schähle vom Tiroler Fischereiverband. (Mit-)verantwortlich dafür ist der Betrieb von Wasserkraftwerken, die bei hohem Bedarf und hohen Preisen die Stromproduktion starten und dafür mehrmals täglich große Mengen Wasser aus den Stauseen bzw. Speichern ablassen.
Massensterben ist seit Jahren bekannt
Das schnelle, drastische Steigen und Sinken des Wasserspiegels wirkt sich katastrophal auf die Wasserlebewesen aus und zeigt sich besonders deutlich anhand des tödlichen „Strandens“ bei Jungfischen und Fischlarven: Bei hohem Wasserstand weichen sie in flache Uferbereiche aus, um der schnellen Strömung zu entgehen. Nach erneutem Absinken des Wassers bleiben sie in seichten Bereichen und Gumpen gefangen, wo sie zu Tausenden verenden.
Auf Basis von wissenschaftlichen Untersuchungen an der Drau schätzt der WWF, dass in Österreich jedes Jahr bis zu 200 Millionen Jungfische und Fischlarven der „Schwall-Sunk-Belastung“ zum Opfer fallen. „Das Ausmaß hat uns vom Fischereiverband schockiert“, sagt Zacharias Schähle vom Tiroler Fischereiverband.
Politik soll Schonzeit im Mai/Juni verordnen
„Fische sind gute Gradmesser für den Zustand von Fluss-Ökosystemen. In Tirol hat der Fischbestand über die Jahrzehnte drastisch abgenommen und wenn wir weiterhin zulassen, dass der Schwall ungezügelt unsere Flüsse heimsucht, dann haben wir in naher Zukunft keine Äschen, Koppen oder Huchen mehr!“
Österreichweit sind 725 Kilometer an Flussstrecken so stark durch Schwall und Sunk belastet, dass sie laut EU-rechtlichen Vorgaben saniert werden müssen. „Obwohl diese Vorgabe seit über 20 Jahren bekannt ist, hat Österreich die notwendigen Maßnahmen verabsäumt“, kritisiert Fluss-Expertin Bettina Urbanek. WWF und Tiroler Fischereiverband fordern die sofortige Einführung eines „Jungfischfensters“ – einer neunwöchigen Schonzeit im Mai und Juni, in der die Schwallbelastung gestoppt oder zumindest stark verringert wird. Die Hoffnung ruht aber auf dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan, der gerade überarbeitet wird.
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