Grüne sehen „Rufmord“

Baerbocks Buch im Visier des Plagiatsjägers

Ausland
29.06.2021 20:59

Die wegen verspätet gemeldeter Nebeneinkünfte und Ungenauigkeiten bei ihrem Lebenslauf unter Druck geratene Co-Parteichefin der Grünen in Deutschland, Annalena Baerbock, ist nun auch ins Visier des Salzburger Plagiatsjägers Stefan Weber geraten. In einem Blogbeitrag legt Weber Baerbock zur Last, einige Formulierungen in ihrem Buch stammten nicht von ihr. „Und wenn man es genau nimmt, handelt es sich auch um mehrere Urheberrechtsverletzungen.“ Ein Sprecher der deutschen Grünen sagte dazu am Dienstag: „Das ist der Versuch von Rufmord.“

Baerbocks Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ war am 21. Juni erschienen. Es handelt sich dabei nicht um einen akademischen Text, für den zwingend strenge Standards wissenschaftlichen Arbeitens gelten. Baerbock breitet in dem 240 Seiten umfassenden Buch grüne politische Konzepte aus und verbindet das mit persönlichen Erlebnissen. Fußnoten, mit denen sie auf Quellen verweisen könnte, nutzt sie nicht.

Der Medienwissenschaftler Weber, der sich bereits seit Mai auch mit Ungenauigkeiten im Lebenslauf Baerbocks befasst hat, zählt in seinem Beitrag mehrere Textpassagen auf, zu denen sich Parallelen an anderer Veröffentlichungen zeigen würden. Als Beispiele führt Weber unter anderem Beiträge des US-Politikwissenschaftlers Michael T. Klare, der Bundeszentrale für politische Bildung und des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ an.

„Plagiatsjäger“ Stefan Weber (Bild: zVg)
„Plagiatsjäger“ Stefan Weber

Grüne haben bereits Rechtsanwalt eingeschaltet
Für die Grünen agiert Weber in „bösartiger“ Weise. Denn er wolle Baerbocks Ruf schädigen. „Bei den beschriebenen Passagen handelt es sich um allgemein zugängliche Fakten oder bekannte grüne Positionen“, betont der Sprecher. Die Kanzlerkandidatin hat bereits den auf Medienrecht spezialisierten Rechtsanwalt Christian Schertz eingeschaltet. Dieser erklärt in einer von der Grünen-Pressestelle verschickten Stellungnahme: „Ich kann nicht im Ansatz eine Urheberrechtsverletzung erkennen, da es sich bei den wenigen in Bezug genommenen Passagen um nichts anderes handelt als um die Wiedergabe allgemein bekannter Fakten sowie politischer Ansichten.“ Auch der Ullstein-Verlag, wo das Buch erschienen ist, kann „keine Urheberrechtsverletzung erkennen“.

Von der politischen Konkurrenz kommt harte Kritik. „Vorsätzlich getäuscht, schlampig gearbeitet und bei der eigenen Leistung schon wieder hochgestapelt - das hat bei Annalena Baerbock scheinbar System und erschüttert einmal mehr ihre Glaubwürdigkeit“, sagt CSU-Generalsekretär Markus Blume im Gespräch mit „Focus online“. Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, sagt dem Portal: „Erst den Lebenslauf mit wenig eigener Leistung und viel heißer Luft produzieren, jetzt beim Buch abschreiben. So kann man kein Land führen.“

Weber hatte in der Vergangenheit bereits mehrere Spitzenpolitiker in Bedrängnis gebracht, indem er deren wissenschaftliche Arbeiten unter die Lupe nahm und dabei Plagiate feststellte. Im Jänner lösten seine Recherchen über den Rücktritt von Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) aus. Daraufhin kündigte er an, auch Abschlussarbeiten anderer Ministerinnen wie Susanne Raab und Margarete Schramböck (beide ÖVP) prüfen zu wollen.

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