Schuldzuweisungen und viel politisches Kleingeld: Nach dem Mord an einem 13-jährigen Mädchen in Wien ist die Debatte über den Umgang mit straffällig gewordenen Asylwerbern hochgekocht. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) will sich aber an ebendiesem Pingpong der Schuldzuweisungen nicht beteiligen. Man sei um „Versachlichung“ bemüht und beabsichtige deshalb nicht, Verfahren über die Medien zu führen, teilte das BVwG am Montag mit. Im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) blieb man bei seiner Kritik.
Das Innenministerium hatte sich zuletzt darüber beschwert, dass man zwei der Verdächtigen trotz Vorstrafen nicht habe abschieben können, weil das Bundesverwaltungsgericht jahrelang nicht über deren Beschwerde gegen die Abschiebung entschieden habe. Das dem Innenministerium unterstellte BFA wies am Sonntag per Aussendung auch „irreführende Behauptungen“ zurück, wonach man in diesem Fall die Möglichkeit der „Aberkennung der aufschiebenden Wirkung“ gehabt hätte oder die Gerichtsentscheidung über die Beschwerde gegen die Abschiebung beschleunigen hätte können. Das Bundesverwaltungsgericht wäre gesetzlich prinzipiell zu einer Entscheidung binnen drei Monaten verpflichtet gewesen, ein Fristsetzungsantrag sei daher eigentlich nicht notwendig.
Gericht arbeitet „mit Hochdruck“
Im Bundesverwaltungsgericht bestreitet man die Verzögerung grundsätzlich auch gar nicht: Man sei mit einem Überhang an Verfahren konfrontiert, weshalb nicht alle fristgerecht entschieden werden könnten, bekräftigte ein Sprecher am Montag. Der Höchststand seien 2019 rund 40.000 Verfahren gewesen, davon etwa 80 Prozent Asylverfahren. Die rund 200 Richterinnen und Richter am BVwG fällen demnach jährlich zwischen 25.000 und 27.000 Entscheidungen, betonte der Sprecher. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, den Verfahrensrückstand abzubauen.“ Auf die jüngsten Äußerungen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom Wochenende wollte man im Bundesverwaltungsgericht unterdessen gar nicht mehr eingehen. Man beabsichtige nicht, Verfahren über die Medien zu führen.
Dort zeigte man sich weniger zurückhaltend: Grund für die nicht erfolgten Abschiebungen der Tatverdächtigen im Fall Leonie seien deren (nach wie vor) nicht entschiedenen Beschwerdeverfahren vor dem BVwG gewesen, hieß es einmal mehr.
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