Jahrelang sollen ein Oberkärntner Lehrer und seine Frau Zwillingsmädchen geschändet und misshandelt haben. Am Dienstag stand das Paar vor Gericht und wurde zu zehn bzw. acht Jahre Haft verurteilt. Zudem werden den Opfern 25.000 Euro Schmerzengeld zuerkannt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die 29-jährigen Zwillingsschwestern sitzen am letzten Prozesstag im größten Gerichtssaal von Klagenfurt, stets ihre Mutter und den Stiefvater im Blick. Warum sie sich das antun? „Vielleicht ist der Wunsch nach Rache größer als die Angst“, meint ein Zuseher. Die Vorwürfe der „jungen Damen“ sind massiv: Seit frühester Kindheit seien sie missbraucht und misshandelt worden - nicht nur vom Stiefvater (67), sondern auch von der eigenen Mutter (58).
Dunkle Wolken über Heiler-Welt-Kulisse
Seit Ende April wurde in der Sache verhandelt, Dutzende Zeugen gehört. Manche hatten den Verdacht, dass hinter der Heile-Welt-Kulisse etwas nicht in Ordnung gewesen sein könnte, andere wiederum zeigten sich von der Anklage schockiert. „Das ist das Wesen von sexuellem Missbrauch“, sagt Staatsanwältin Tanja Wohlgemuth. „Dass es keine weiteren Tatzeugen gibt.“ Es steht Aussage gegen Aussage - da die Töchter, denen die bekannte Gerichtspsychiaterin Gabriele Wörgötter eine Persönlichkeitsstörung attestiert, dort das honorige Ehepaar, das jede Schuld von sich weist. „Ich kenne meine Kinder nicht mehr“, beteuert die Angeklagte mehrmals und fleht: „Fragen Sie mich alles, ich bin eine Mutter.“
Aussagen der Schwestern „glaubwürdig“
Dienstagmittag gehen die Fragen aus, die Schöffinnen mit den Berufsrichtern in die Beratung. Das Urteil fällt nach einer guten Stunde: Schuldspruch, in allen unfassbaren Anklagepunkten - Vergewaltigung, schwerer sexueller Kindesmissbrauch, Quälen und Vernachlässigung, Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses. Richter Gernot Kugi: „Die Aussagen der Schwestern sind glaubwürdig und nachvollziehbar. Sie schildern ein jahrelanges Martyrium, wie wir es noch selten gehört haben.“ Bei einem Strafrahmen von bis zu 15 Jahren Haft gibt es Strafen von zehn Jahren für den Herrn Professor und acht Jahre für die leibliche Mutter, die ihre Töchter nicht vor den Übergriffen geschützt, sondern diese auch noch gefördert haben soll. Zudem werden den Opfern 25.000 Euro Schmerzengeld zuerkannt.
Die Reaktionen darauf stimmen nachdenklich: Die Zwillinge stützen sich gegenseitig, die eine junge Frau weint, die andere hält sie zärtlich. Dieser Moment gehört nur den beiden.Die Eltern dagegen bleiben nach außen hin völlig ungerührt, verziehen angesichts von insgesamt 18 Jahren Gefängnis keine Miene. Verteidiger Philipp Tschernitz ersucht um drei Tage Bedenkzeit; damit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
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