„Lebendige Sprache“

Bei Wiener Linien gibt‘s kein „Schwarzfahren“ mehr

Wien
09.07.2021 15:38

Wer in öffentlichen Verkehrsmitteln ohne gültiges Ticket erwischt wird, fährt gemeinhin „schwarz“. Doch von „Schwarzfahrern“ wollen die Wiener Linien in doppelter Hinsicht nichts wissen. Selbsterklärend, dass nur ein zahlender Fahrgast ein „guter“ Passagier ist. Doch auch der Begriff selbst soll aus dem Sprachgebrauch verschwinden. Warum - und ob auch den gefürchteten „Schwarzkappler“ dieses Schicksal ereilen soll -, brachten wir bei den städtischen Verkehrsbetrieben in Erfahrung.

In der Bundeshauptstadt sind im Schnitt täglich rund 100 Kontrolleure im umfangreichen Netz der Wiener Linien unterwegs und werfen - nun auch wieder nachts - einen Blick auf die Tickets von etwa 20.000 Fahrgästen. Eine Einzelfahrt kostet derzeit 2,40 Euro (1,20 Euro ermäßigt), doch nicht jeder Passagier will dieses Geld im Gegenwert eines Espresso im Stammcafé auch aufbringen.

Ein in die Jahre gekommenes Wiener-Linien-Plakat (Bild: Wiener Linien)
Ein in die Jahre gekommenes Wiener-Linien-Plakat

44-mal so teuer aber wird es, wenn man beim sogenannten Schwarzfahren erwischt wird. Das ist die teuerste Variante, mit U-Bahn oder Bus unterwegs zu sein. Wer bei einer Kontrolle ohne gültigen Fahrausweis angetroffen wird, muss 105 Euro bezahlen.

(Bild: dpa/Roland Weihrauch (Symbolbild))

Wer später zahlt, zahlt mehr: Binnen 14 Tagen sind per Erlagschein 115 Euro zu berappen, nach 14 Tagen erhöht sich die Summe auf 145 Euro. „Ohne Fahrschein unterwegs zu sein ist also nicht nur unfair gegenüber den anderen Fahrgästen, es zahlt sich auch ganz einfach nicht aus“, so die Wiener Linien auf ihrer Homepage.

(Bild: Wiener Linien/Johannes Zinner)

Gender-freundliche „KontrolleurInnen“ statt „Schwarzkapplern“
Vom „Schwarzfahren“ spricht man bei den Verkehrsbetrieben schon länger nicht mehr. „Sprache ist etwas Lebendiges und deshalb ändert sich auch der Sprachgebrauch immer wieder einmal. Um etwaige Missverständnisse zu vermeiden, sprechen wir schon seit geraumer Zeit von Fahrgästen ohne gültiges Ticket. Eine aufklärende Kampagne hat es dazu aber nicht gegeben. Aktuell sieht man den Sprachwandel auch sehr, sehr gut beim Thema Gendern (Binnen-I, Sternchen, Doppelpunkt)“, so Pressesprecherin Barbara Pertl zu krone.at. „Beim ,Schwarzkappler‘ gibt es dieses Thema aktuell nicht, denn diese KollegInnen heißen bei uns bereits seit vielen, vielen Jahren KontrolleurInnen.“

Plakatoffensive in München und Berlin
Zuvor war in Deutschland eine Debatte um den Ausdruck entbrannt. Die Münchner Verkehrsbetriebe (MVG) tauschten sämtliche Plakate, auf denen das Wort „Schwarzfahren“ zu sehen ist, systematisch um.

Auf „Bild“-Anfrage erklärten die MVG, es handle sich dabei um eine „Maßnahme für eine zeitgemäßere Kommunikation“. Aus „Schwarzfahren kostet 60 Euro“ wurde nach und nach „Ehrlich fährt am längsten“. Die Hauptstadt Berlin will demnächst nachziehen.

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