Zum Schluss dieses außergewöhnlichen Schuljahres haben die Arbeiterkammer Oberösterreich und die OÖ. Krone noch einmal die Eltern oberösterreichischer Schulkinder gefragt, wie es ihnen mit der Schule im Corona-Modus gegangen ist, wie sie Home-Schooling, Schichtbetrieb, Vollbetrieb mit Abstand und Masken und die Vereinbarkeit mit der eigenen Berufstätigkeit erlebt haben, und was sie sich für die Zukunft von der Schule und der Bildungspolitik wünschen. 350 Familien haben sich an der Befragung beteiligt.
Das abgelaufene Schuljahr war für Eltern und Kinder eine nie dagewesene Herausforderung. Besonders drastisch zeigt sich das an den gestiegenen psychischen Belastungen bei Kindern und Jugendlichen. Etwa zwei Drittel der Kinder sind nach Aussage der Eltern gereizter und antriebsloser als vor Corona. Das Fehlen sozialer Kontakte und die damit einhergehende Einsamkeit waren bei der Befragung im April, als die Kinder noch im Home-Schooling bzw. anschließend im Schichtbetrieb waren, ein noch größeres Thema als jetzt am Schulschluss, der unter einigermaßen „normalen“ Bedingungen stattfinden konnte. Das zeigt auch, was die Kinder brauchen: Normalität. Eine Mutter bringt auf den Punkt, was Kinder und Jugendliche momentan am meisten brauchen: „Eine Perspektive, Normalität, Freunde, Bewegung.“
Bessere Beurteilung am Schulschluss
Die aktuelle Lebenssituation und das Familienleben werden am Schulschluss besser beurteilt als während des Schuljahres. Acht von zehn Befragten sind - wohl auch angesichts der bevorstehenden Ferien und somit Zeit zum Durchatmen - eher oder sehr zufrieden mit der derzeitigen (familiären) Situation. Nur die Zufriedenheit mit der finanziellen Situation ist derzeit deutlich geringer als in den vergangenen Monaten: 22 Prozent der Befragten geben an, dass es ihnen im Bereich Geld und Finanzen eher nicht bzw. gar nicht gut gehe. Der Anteil betroffener Familien ist weiter signifikant gestiegen.
Intransparente Notengebung
Für viele ist der Sommer nicht (nur) die Zeit der Ferien samt Spaß und Entspannung, sondern auch die Zeit der Nachhilfe und Vorbereitung auf Nachprüfungen und das neue Schuljahr - je nachdem, wie das Zeugnis ausgefallen ist. Etwa die Hälfte der Eltern nimmt an, dass sich aufgrund des Corona-bedingten Schulbetriebs die Noten ihrer Kinder verschlechtert haben, die andere Hälfte sieht diese Tendenz nicht. Wie die Noten zustande kommen, ist allerdings vielen Eltern unklar. Mehr als zwei Drittel geben an, dass ihnen wesentliche Informationen fehlen und die Notengebung zu wenig transparent ist.
Familie und Beruf im Normalbetrieb besser vereinbar
Im Vergleich zum Frühjahr mit Home-Schooling und Schichtbetrieb hat sich die Situation der Vereinbarkeit von Schule und Arbeitszeiten etwas verbessert: Für zwei Drittel der Befragten funktioniert die Abstimmung von Arbeitszeit und Kinderbetreuung gut bzw. eher gut, die subjektiv empfundene Belastung ist ebenfalls deutlich zurückgegangen. Allerdings sagen vier von zehn Eltern, dass ihnen die Arbeitgeber in Sachen Kinderbetreuung nicht bzw. gar nicht entgegenkommen. „Umso wichtiger ist es, dass das Kinderbetreuungsangebot in Oberösterreich ausgebaut wird“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer und verweist auf den vor wenigen Tagen präsentierten Kinderbetreuungsatlas der AK Oberösterreich. Dieser offenbart gravierende Mängel an Kinderbetreuungsplätzen, die es den Eltern ermöglichen, ruhigen Gewissens Vollzeit zu arbeiten und die Kinder in guten Händen zu wissen.
Urlaubstage reichen nicht aus
Erschwerend kommt hinzu, dass bei vielen Eltern die Zahl der zur Verfügung stehenden Urlaubstage zur Neige gehen. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, dass die Urlaubstage nicht ausreichen werden, um die Kinderbetreuung im Sommer und darüber hinaus selbst abzudecken. Das ist ein drastischer Anstieg im Vergleich zum vorjährigen Sommer.
Externe Betreuung in den Ferien
Ein weiteres, größer werdendes Problem ist das fehlende Angebot externer Betreuungsmöglichkeiten über den Sommer. Ein Drittel der Befragten kann sich externe Betreuung, wie zum Beispiel ein Ferienlager, nicht leisten. Die Kindertagesheimstätten sind in Oberösterreich an überdurchschnittlich vielen Tagen geschlossen. Hier ist die Politik gefordert: „Das Land muss gegensteuern, die bestehenden Angebote ausbauen und neue, attraktive und niederschwellige Angebote initiieren, die für alle, die sie brauchen, verfügbar und leistbar sind,“ sagt AK-Präsident Kalliauer.
Wünsche und Forderungen der Eltern
So sehr sich Eltern und Kinder im nächsten Schuljahr wieder Normalität wünschen, so sehr befürchten sie, dass dann schnell wieder in Vergessenheit gerät, was es dann braucht, um diese Normalität bewältigen zu können. Eine Mutter formuliert ihre Wünsche und Forderungen an die Schule so: „Das Gefühl, nicht das letzte Glied in der Kette der Gesellschaft zu sein. Mehr Einfühlungsvermögen, speziell im Bereich des Schulalltags und nicht ein Übergang ins neue Jahr als hätte es Corona nie gegeben.“
Psychologische Begleitung
Jeweils mehr als 90 Prozent der Eltern erachten den Ausbau von Förderangeboten (während des Schuljahres und der Ferien) und den Ausbau digitaler Infrastruktur als sehr oder eher wichtig. Ähnlich viele Eltern wünschen sich eine psychologische Begleitung der Kinder. Die Hälfte der Befragten bewertet den Ausbau des Angebots von ganztägigen Schulen als sehr wichtig bzw. wichtig. Und um den Schulbesuch künftig sicherer zu gestalten, erwarten sich die Eltern Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität, etwa durch den Einbau von Lüftungsanlagen.
Die Forderungen der Arbeiterkammer
Der Großteil der Wünsche der Eltern deckt sich auch mit den Positionen der Arbeiterkammer. Diese fordert, dass kostenlose Angebote zur schulischen Förderung bereitgestellt werden, damit kein Kind zurückgelassen wird. Psychosoziale Betreuungsangebote in Schulen sollen aufgestockt werden, damit alle Kinder, die diese brauchen, sie auch in Anspruch nehmen können. Es soll auch in der Schule Zeit zur Aufarbeitung der Erfahrungen in der Pandemie geben. Die Hygiene- und Sicherheitsstandards sollen sowohl für die Kinder als auch die Lehrkräfte angepasst und verbessert werden. Schulen müssen ein sicherer Lern- und Arbeitsort sein. Schulen mit besonderen Herausforderungen sollen zusätzliche finanzielle Mittel erhalten. Die AK hat dafür den Chancen-Index erarbeitet. Für den Sommer sollen ausreichend kostenlose und attraktive Lern- und Betreuungsangebote für Kinder und Jugendliche sichergestellt werden.
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