Vorsicht ist geboten

Bergrettung erwartet Ansturm auf die Berge

Vorarlberg
10.07.2021 08:55

Mit den Flip-Flops ins Hochgebirge - Wandern in der Coronazeit boomt. Viele Hobbysportler unterschätzen jedoch die Verhältnisse am Berg und bringen sich und andere in Gefahr. Die Bergrettung erwartet auch heuer wieder massiven „Betrieb“ auf Vorarlbergs schönsten Gipfeln.

Neben der Schönheit unserer Berge gibt es auch immer wieder andere Dinge, die einen beim Wandern ins Staunen versetzen. So etwa eine „Wanderin“, die im vergangenen Jahr beim Lünersee alle Blicke auf sich zog. Auf 1970 Metern war die junge Dame im Sommerkleid mit Handtasche und Converse-Schuhen (Anm: profillose Trendschuhe) unterwegs.

Einem erfahrenen Bergsportler wie Martin Burger, Leiter der Bergrettung in Vorarlberg, lässt es bei diesem Anblick alle Haare zu Berge stehen. „Nur weil eine Bahn auf einen Berg hinaufführt, heißt das noch nicht, dass man oben keine ordentliche Ausrüstung braucht“, betont der Alpinist, der mit seinem Team immer wieder durch Leichtsinnigkeit verunfallte Hobbysportler retten muss.

Martin Burger, Leiter der Bergrettung Vorarlberg (Bild: Mathis Fotografie)
Martin Burger, Leiter der Bergrettung Vorarlberg

Die Alpinunfälle haben im vergangenen Jahr um 40 Prozent zugenommen. Burger erwartet heuer eine ähnlich erschreckende Statistik. „Corona hat dafür gesorgt, dass viele Urlaub in der Heimat machen. Mit dem Resultat, dass mehr Leute in die Berge kommen, die jetzt nicht in die klassische Zielgruppe des Alpinisten fallen.“ Bei vielen Einsätzen der Bergrettung im vergangenen Jahr war die Unfallursache in der mangelhaften Ausrüstung der Wanderer begründet. Viele machten auch den Fehler, die Gefahren zu unter- und die eigene Leistungsfähigkeit zu überschätzen.

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Corona hat dafür gesorgt, dass viele Urlaub in der Heimat machen. Mit dem Resultat, dass mehr Menschen in die Berge kommen, die jetzt unbedingt nicht in die klassische Zielgruppe des erfahrenen Alpinisten fallen.

Martin Burger

E-Biker als neue Risikogruppe
Auch E-Biker gehören immer mehr zur „Kundschaft“ der Bergretter. „Ich komme mit dem E-Bike fast überall leicht hinauf, nur sollte ich eben auch berücksichtigen, dass ich wieder hinunter muss. Und dabei habe ein Fahrrad unterm Hintern, das 20 Kilo und mehr hat. Dementsprechend beschleunigt das Rad bergab.“ Die Zahl der verunfallten E-Biker sei spürbar gestiegen. „Blöd gesagt: Wenn die Leute einen Unfall haben, dann liegen sie im besten Fall auf der Straße. Oft ist es aber leider so, dass sie über die Wege hinausschießen und irgendwo in den Wald hinunterfliegen.“ Das Ergebnis: Unfälle mit dem E-Bike enden meist mit massiven Verletzungen.

Fakten

Die Route gut planen Höhenmeter, Schwierigkeitsgrad und Länge der Route - eine genaue Planung ist Voraussetzung für jeden Trip. Mittels Internet und diversen Apps lässt sich eine Tour sehr gut vorbereiten.

Wetter im Auge haben Vor dem Losgehen unbedingt den Wetterbericht checken. Ein Gewitter kann in den Bergen zu einer ernsthaften Gefahr werden. Der Horizont hört nicht dort auf, wie weit man sieht. Nachmittagshitze meiden.

Gute Ausrüstung Flip-Flops haben am Berg nichts zu suchen. Festes Schuhwerk mit Profil ist gefragt. Ebenso ein gepackter Rucksack mit ausreichend Flüssigkeit und Essen, Kopfbedeckung und ein warmes Oberteil, falls man auf Rettung warten muss.

Auf dem Weg bleiben Nicht nur aus Naturschutzgründen ist es ratsam, auf den ausgewiesenen Wegen zu bleiben. Wer orientierungslos im Gelände unterwegs ist, erhöht sein Stolper- und Sturzrisiko enorm.

Verhalten im Ernstfall Kommt es trotz aller Vorsicht zu einem Unfall, heißt es vor allem: Ruhe bewahren. Ist zum Beispiel jemand schwer gestürzt, sollte umgehend ein

Die Bergrettung hat 1300 aktive Mitglieder über das ganze Land verteilt. Bei einem Notfall alarmiert die Rettungs- und Feuerwehrleitstelle den zuständigen Einsatzleiter, der wiederum seine Mannschaft zusammenruft. Je nach Einsatzort kann es bis zu mehreren Stunden dauern, ehe der Verunfallte erreicht ist. Bei Unfällen in besonders unwegsamem Gelände wird der Rettungshubschrauber alarmiert. Seit einigen Tagen hat zudem der Notarzthubschrauber „Gallus 1“ seinen Sommerbetrieb aufgenommen, um die notfallmedizinischen Grundversorgung im Land zu verstärken. Er wird in Partnerschaft mit „Wucher Helicopter“ vom Stützpunkt Zürs aus betrieben. Somit ist jeder Punkt in Vorarlberg innerhalb von rund einer Viertelstunde erreichbar.

Trügerische Idylle: Im Gebirge lauern viele Gefahren, die nicht jedem Wanderer auf Anhieb bewusst sind. (Bild: Rubina Bergauer)
Trügerische Idylle: Im Gebirge lauern viele Gefahren, die nicht jedem Wanderer auf Anhieb bewusst sind.

So ein Einsatz des Rettungshubschraubers kann allerdings ganz schon teuer werden. Im allgemeinen Sozialversicherungsgesetz ist geregelt, dass Sport- und Freizeitunfälle selbst zu berappen sind - außer man hat eine Zusatzversicherung. Für einen Einsatz des Rettungshubschraubers können schon mal zwei- bis dreitausend Euro fällig werden. Ein notärztlicher Einsatz - etwa bei einem Herzinfarkt - ist dagegen von der Sozialversicherung gedeckt."

„Wir begeben uns nicht in Lebensgefahr“
Selbst bei bestem Versicherschutz sollte man nicht in eine „Vollkaskomentalität“ verfallen. Denn nicht immer gelangen die Bergretter sofort zum Einsatzort. Bei Unfällen in Waldgebieten kann der Hubschrauber nicht landen, bei einem Unwetter kann er erst gar nicht starten. Die Bodenretter wiederum müssen zunächst abwägen, ob sie sich in unwegsamem Gelände selbst in Gefahr begeben. „Wenn das Risiko zu hoch ist - etwa bei Lawinengefahr - müssen wir uns erst Strategien überlegen, wie wir zum Unfallort gelangen.“

Das heißt für den Verunglückten: Bitte warten. „Natürlich versuchen wir alles, um zu helfen. Wir begeben uns aber nicht in Lebensgefahr. Das wäre gegenüber unseren Einsatzkräften nicht zu verantworten.“ Zum Schluss zitiert Burger einen Satz, der bei ihm hängengeblieben ist: „Jeder hat das Recht auf Risiko, aber nur eine Chance auf Rettung“.

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