Top-Schauspielerin Verena Altenberger im „Krone“-Interview über die Premiere in ihrer Salzburger Heimat. Außerdem: Welche Rolle das Kleid auf der Bühne spielt, und warum ihre Frisur als feministischer Akt ausgelegt wird.
„Krone“: Film, Fernsehen, Theaterbühne - Sie sind anscheinend in allen Genres daheim. Wie schaffen Sie das - gibt es da einen Schalter, den Sie einfach umlegen?
Verena Altenberger: Ich würde gar nicht sagen, dass ich in allen Genres zu Hause bin, ich probiere nur gerne alles aus. In manchen bin ich mehr zu Hause als in anderen. Und ich glaube, es ist wirklich einfach dieses große Interesse an allem, was mein Beruf zu bieten hat. Der Beruf beschäftigt sich mit dem Leben, also könnte man auch sagen, das ist alles, was das Leben zu bieten hat. Die Menschen, die Emotionen - da habe ich einfach ein so großes Interesse dafür und eine Sehnsucht danach.
Sie sind gebürtige Salzburgerin. Auf dieser Bühne zu stehen - als jemand, der in Deutschland und Österreich arbeitet - ist das für Sie ein Nach-Hause-Kommen?
Es hat sich so angefühlt. Ich bin zuerst in die hinteren Reihen der Publikumstribüne gegangen, denn aus dieser Perspektive kenne ich das Stück, und ich wollte es mir einfach noch einmal anschauen. Auch um zu realisieren: „Du sitzt hier nicht als Zuseherin, sondern du stehst jetzt dann gleich auf dieser Bühne.“ Und dann bin ich langsam runtergegangen auf die Bühne, und dann hat es sich wirklich sehr schnell sehr nach zu Hause angefühlt.
Schon viele namhafte Schauspielerinnen haben die Buhlschaft gespielt - gibt’s Vorbilder?
Ich habe den „Jedermann“ schon ein paarmal gesehen - und somit einige Buhlschaften. Wenn ich an sie denke, dann weder, um mich bewusst abzugrenzen, noch um irgendetwas nachzumachen, sondern nur aus großem Interesse daran, was die Kolleginnen da so interpretiert und gemacht haben. Wir probieren viel aus, finden immer wieder Neues. Es fühlt sich nicht so an, als würden wir in exakte Fußstapfen treten oder treten müssen.
Verspürt man einen Druck?
Nein, auch nicht. Der Druck entsteht nicht dadurch, dass ich mir denke, ach Gott, Senta Berger und andere haben vor mir diese Rolle gespielt. Ich finde nur die Vorstellung so unglaublich schön und ehrenvoll, dass, wenn sich jemand in 20 Jahren die Liste ansieht, auch mein Name darauf steht. Das ist arg.
Endlich vor Publikum auftreten dürfen. Ihre Erwartungen?
Also ich kann es mit nichts vergleichen, was ich bisher erlebt habe. Weder mit meinen Theatererfahrungen noch mit Aufritten auf Pressekonferenzen, denn es ist einfach der „Jedermann“, es ist Open Air, es ist der Domplatz, es sind 2400 Leute pro Vorstellung. Ich glaube am ehesten kann man sagen, dass ich wahnsinnig gespannt bin, was passiert.
Festspielzeiten in Salzburg, Sie kennen das aus Ihrer Jugend. Wie fühlt sich das jetzt an?
Ganz anders. Ich habe anfangs ein bisschen Schiss davor gehabt, in Salzburg zu arbeiten, weil ich gleich am Tag nach der Matura - meine Koffer waren schon gepackt - abgehauen bin nach Wien. Dann ist Wien auch irgendwann zu klein geworden, dann hat es Berlin sein müssen, und dann noch weiter weg. Aber seit ich jetzt in Salzburg arbeite, habe ich das Gefühl, es ist eine Stadt, in der ich noch nie war, und gleichzeitig fühle ich mich daheim - das ist ziemlich cool.
Ihr Tipp als Salzburgerin - wo muss man hin?
Ein paar Kolleginnen und ich sind zuletzt zusammengesessen und haben auf einem Bierdeckel alles aufgeschrieben, was wir uns jetzt dann anschauen wollen nach der Premiere. Ich freue mich natürlich, wenn ich ein paar Leute nach Dorfgastein mitnehmen, eine schöne Tageswanderung machen und irgendwo gut Schwarzbeernocken essen kann. Viele Kolleginnen haben ihre Kinder mit, und da habe ich gesagt, da müssen wir natürlich ins Haus der Natur, zu den Wasserspielen in Hellbrunn, einfach mal auf die Stadtberge, ins Müllner Bräu oder an den Fuschlsee.
Das Buhlschafts-Kleid spielt für mich genau dieselbe Rolle, die jedes Kostüm in meiner Arbeit spielt, und das ist eine große Rolle.
Verena Altenberger
Das Kleid der Buhlschaft ist immer Thema - auch für Sie?
Das Buhlschafts-Kleid spielt für mich genau dieselbe Rolle, die jedes Kostüm in meiner Arbeit spielt, und das ist eine große Rolle. Wenn ich Menschen spiele, und das tue ich nun einmal, dann ist es wichtig, was diese Menschen anhaben und wie sie sich damit fühlen. Da kann man bewusst etwas unterstreichen, man kann sagen, sie soll zum Beispiel sexy sein, machen wir ein enges Kleid. Aber man kann auch sagen, sie soll sexy sein, aber ziehen wir ihr einen Jogginganzug an. Und insofern hat es einen riesigen Stellenwert für mich - aber den hat es einfach immer.
Ihre Kurzhaarfrisur entspringt Ihrer letzten Filmrolle. Spielen Sie mit Perücke oder nicht?
Es ist tatsächlich noch nicht entschieden. Ich finde es gut, dass ich zufällig diese Debatte angestoßen habe. Das heißt für mich aber nicht zwingend, dass ich mir die Möglichkeit nehme und sage, auf gar keinen Fall Perücke. Was auch immer mich spielerisch inspiriert, wird gemacht werden.
Ich war eher erstaunt darüber, dass es offensichtlich 2021 noch immer ein feministischer, radikaler Akt ist, sich die Haare abzuschneiden.
Verena Altenberger
Manche interpretierten das als einen feministischen Vorstoß.
Ehrlich gesagt, war es von mir nicht als feministischer Akt gedacht. Ich war eher erstaunt darüber, dass es offensichtlich 2021 noch immer ein feministischer, radikaler Akt ist, sich die Haare abzuschneiden. Jetzt sehe ich, dass es einer ist. Aber das habe ich vorher nicht gewusst. Es hat mich, ehrlich gesagt, überrascht, dass wir immer noch so beschränkt sind, offensichtlich. Und gleichzeitig finde ich es so gut, dass wir diese Debatte jetzt führen. Deswegen stören mich auch diese Fragen überhaupt nicht. Eine Geschichte von meiner Oma: Sie wohnt im Seniorinnenheim, und ich habe sie zum Abendessen begleitet. Auf einmal große Aufregung: „Ah, die Buhlschaft ist da.“ Ältere Semester, Salzburger Land - man könnte also meinen, ein eher konservatives Publikum. Und auf einmal sagte jemand: „Junge Frau, was machen Sie mit den Haaren?“ Ich habe gesagt: „Ja, ist ja wurscht, oder?“ Und dann haben alle gesagt: „Ja, stimmt.“ Also die Debatte ist - so erstaunlich es ist, dass sie überhaupt geführt wird - auch schnell wieder vom Tisch.
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