Der Umgangston in der türkis-grünen Koalition wird wieder einmal unfreundlicher: Umwelt-Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) kritisierte am Samstag „Alleingänge“ der Grünen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und warf ihr „Verunsicherung“ der Bevölkerung vor. Gewessler müsse nach ihrer Ankündigung, das Asfinag-Bauprogramm zu evaluieren, „Klarheit schaffen“. Die Grünen reagierten mit „Unverständnis“.
Seit das Umwelt- und Verkehrsministerium die Prüfung der Neubauprojekte ankündigt hat, was unter anderem auch den Umfahrungsring im Nordosten Wiens inklusive Lobautunnel betrifft, weht Gewessler heftiger politischer Gegenwind aus den Bundesländern entgegen. Am Freitag hatte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an die Seite der Länder gestellt: „Wir brauchen eine gute Infrastruktur, gerade im ländlichen Raum“, argumentierte der Kanzler, er sei „sehr optimistisch, dass sich der Hausverstand durchsetzen wird“, denn es handle sich ja um langjährige Projekte, da sei die Sache eindeutig.
„Ministerin muss Klarheit schaffen“
„Die Aussagen der Ministerin haben zu massiver Verunsicherung geführt“, legte der türkise Staatssekretär Brunner in der „Presse“ nach. „Die Bundesländer wurden vor den Kopf gestoßen. Und auch die Bevölkerung erwartet sich bei diesen wichtigen Projekten Verlässlichkeit und Klarheit.“ Man brauche „eine rasche Entscheidung, wie es weitergeht“, meinte Brunner. „Da muss die Ministerin Klarheit schaffen.“ Man brauche die Projekte vom Lobautunnel bis zur Bodensee-Autobahn.
Man könne natürlich alles hinterfragen, „aber wir brauchen vor allem Rechtssicherheit“, befand Brunner. Es gebe Verfahren, die schon abgeschlossen seien, Millionen an Euro seien investiert worden. „Jetzt hängt alles in der Luft. Die Ministerin lässt sich möglicherweise auf einen jahrelangen Rechtsstreit ein und die Bevölkerung muss weiter auf die Entlastungsprojekte warten.“ Es seien „mehr Realismus und Ehrlichkeit in der Klimadebatte“ notwendig, glaubt Brunner: „Wer Ja zum Klimaschutz sagt, muss auch Ja zum Infrastrukturausbau sagen.“
Wer Ja zum Klimaschutz sagt, muss auch Ja zum Infrastrukturausbau sagen.
Umwelt-Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP)
Grüne: „Unverständnis“ für Gegenwind
Für die Grünen rückte am Samstag Klimaschutz- und Energiesprecher Lukas Hammer aus, um sein „Unverständnis“ kundzutun. „Wir haben uns im Regierungsprogramm darauf geeinigt, bis 2040 klimaneutral zu werden. Jedes einzelne Regierungsmitglied - und auch der für Luftverkehr zuständige Staatssekretär im Klimaschutzministerium - hat in seinem Wirkungsbereich daran mitzuarbeiten, dass wir diese ambitionierten Klimaschutzziele auch erreichen“, richtete er Brunner aus.
Jedes einzelne Regierungsmitglied hat in seinem Wirkungsbereich daran mitzuarbeiten, dass wir diese ambitionierten Klimaschutzziele auch erreichen.
Klimaschutz- und Energiesprecher Lukas Hammer (Grüne)
Gewessler schaue sich an, ob Autobahn-Projekte, die vor über 20 Jahren geplant worden seien, „mit dem Erreichen unserer gemeinsamen Ziele vereinbar sind“, erklärte Hammer. Ein Klimacheck sei im Regierungsprogramm vereinbart worden, daher sei es auch „ratsam, sich zu einer wissenschafts- und faktenbasierten Klimapolitik zu bekennen“, empfahl Hammer dem Koalitionspartner. „Es hat sich bereits in der Pandemiebekämpfung bewährt, auf die Wissenschaft zu hören. Daher ist auch in der Klimakrise die Wissenschaft die bessere Ratgeberin.“
FPÖ ortet „unguided missile“
„Der Koalitionshut brennt an allen Ecken und Enden“, analysierte unterdessen FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker das türkis-grüne Hickhack. Der Kanzler solle „ein Machtwort“ sprechen und Gewessler „auf den Boden der Vernunft“ zurückholen, denn diese „entpuppt sich immer mehr als ,unguided missile‘ (ungelenkte Rakete, Anm.)“, griff Hafenecker zu wenig schmeichelhaften Worten.
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