Machtkampf in Haiti

Präsidentenmord: Mutmaßlicher Drahtzieher gefasst

Ausland
12.07.2021 07:47

Ein 63-jähriger haitianischer Arzt aus Florida soll laut örtlicher Polizei hinter dem Mord am Präsidenten Jovenel Moise stecken. Er soll geplant haben, die Präsidentschaft an sich zu reißen - in dem Kriminalfall sind aber nach wie vor noch viele Fragen offen.

Der Arzt werde beschuldigt, die als Attentäter verdächtigten kolumbianischen Söldner über eine venezolanische, private Sicherheitsfirma mit Sitz in Florida angeheuert zu haben, hieß es von der Polizei. Er sei der Erste gewesen, den diese nach dem Attentat angerufen hätte. In seiner Wohnung seien zudem Beweise gefunden worden. Der Mann habe mit zwei weiteren Hintermännern Kontakt gehabt.

Nach dem Mordkomplott gegen den umstrittenen Präsidenten rumort es gewaltig in Haitis Politiklandschaft. Der Interims-Polizeichef verkündete nun die Verhaftung des mutmaßlichen Drahtziehers. (Bild: AFP/Valerie Baeriswyl)
Nach dem Mordkomplott gegen den umstrittenen Präsidenten rumort es gewaltig in Haitis Politiklandschaft. Der Interims-Polizeichef verkündete nun die Verhaftung des mutmaßlichen Drahtziehers.

Brutales Mordkommando
Der 53 Jahre alte Staatschef Moïse war in der Nacht auf Mittwoch in seiner Residenz überfallen und erschossen worden. Seine Ehefrau wurde schwer verletzt. Nach Angaben der Polizei führten 26 Kolumbianer und zwei US-Amerikaner haitianischer Herkunft den Mord aus. Sie hätten sich als Agenten der US-Anti-Drogenbehörde DEA ausgegeben. Drei der Kolumbianer wurden demnach getötet, nach weiteren wurde noch gefahndet. Die Hintergründe der Tat blieben bisher unklar. Für Spekulationen sorgte unter anderem, dass die Wächter des Präsidenten anscheinend keinen Widerstand leisteten.

Ausnahmezustand in Haiti nach dem Mord an Präsident Moise (Bild: AFP)
Ausnahmezustand in Haiti nach dem Mord an Präsident Moise

Interims-Premierminister Claude Joseph führt seit dem Mord die Regierung, obwohl Moïse noch am Montag den Neurochirurgen und Ex-Innenminister Ariel Henry zu dessen Nachfolger ernannt hatte. Henry sagte in einem Interview, aus seiner Sicht sei er der wahre Interims-Premierminister. Der Senat wählte seinen Präsidenten Joseph Lambert, der Henry unterstützt, am Freitag zum Interims-Staatschef.

Blutiger Bandenkrieg
Proteste gegen Moïse, der seit 2017 im Amt war, hatten Haiti zuletzt immer wieder lahmgelegt. Ihm wurden Korruption, Verbindungen zu brutalen Banden und autokratische Tendenzen vorgeworfen. Zuletzt trieben blutige Kämpfe zwischen Banden um die Kontrolle über Teile der Hauptstadt mehr als 14.000 Menschen in die Flucht.

Moïse war äußerst umstritten (Bild: AFP)
Moïse war äußerst umstritten

Der berüchtigte Bandenführer und Ex-Polizist Jimmy „Barbecue“ Cherizier, dem Verbindungen zu Moïse nachgesagt wurden, sagte in einem am Samstag veröffentlichten Video, dessen Ermordung sei eine nationale und internationale Verschwörung gegen das haitianische Volk gewesen. Er rufe alle Banden auf, zu mobilisieren.

Parlament weiter beschlussunfähig
Das Parlament ist jedoch seit Anfang 2020 nicht beschlussfähig, nachdem eine Wahl ausgefallen war und die Amtszeiten der meisten Abgeordneten abliefen. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs starb vor wenigen Wochen an den Folgen von Covid-19. Für den 26. September sind Präsidenten- und Parlamentswahlen geplant.

Joseph, der auch Außenminister ist, bat die Ex-Besatzungsmacht USA, Truppen zu schicken, um für Sicherheit zu sorgen und Infrastruktur zu schützen. Die Vereinigten Staaten schickten daher hochrangige Beamte der US-Bundespolizei FBI, um die Bitte zu prüfen. Der Fokus liege derzeit aber darauf, bei den Ermittlungen zu helfen, hieß es gegenüber dem Sender „Fox News“.

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