Endlich Ferien nach diesem langen Corona-Jahr der Entbehrungen: Doch nach Lockdowns und Monaten des Homeschoolings ist die Hälfte der Eltern vom öffentlichen Schulsystem schlichtweg enttäuscht, wie aus einer Umfrage der Lernplattform GoStudent aus Wien hervorgeht. Und auch der Ausblick auf das kommende Schuljahr dreht sich vor allem um die Sorge: Bleiben die Schulen im Herbst geöffnet? Tatsächlich sind sich über 40 Prozent der Befragten nicht sicher, ob der Herbst nicht weitere pandemiebedingte Schulschließungen mit sich bringt. Sorgen, die mit Beginn der Ferien auch in der Politik lauter werden.
Die Lernplattform GoStudent hatte dazu im Mai unter rund 3000 Eltern von Schulkindern in Österreich, Deutschland, Spanien und Frankreich eine Umfrage durchgeführt. Die ernüchternde Erkenntnis: Die Hälfte der Umfrageteilnehmer konnte das vergangene Schuljahr nur durch zusätzliche Unterstützung, beispielsweise durch private Nachhilfe, bewältigen. Nicht nur in Österreich, auch in anderen europäischen Ländern setzten Eltern verstärkt auf Extra-Lerneinheiten für ihre Kinder, um das Schuljahr zu retten.
Kaum negative Auswirkungen auf Familienzusammenhalt
Beruhigend sind die geringen negativen Auswirkungen auf die Familie: Der durch die wiederkehrenden Schulschließungen und Homeschooling bedingte Stress der Eltern wirkte sich nur für knapp 15 Prozent der Befragten negativ auf die Beziehung der Familienmitglieder zueinander aus. Fast 40% erklärten hingegen, dass durch das Homeschooling der Familienzusammenhalt positiv verändert wurde.
Kindern ging es im Homeschooling „mittelmäßig bis schlecht“
Weniger rosig die Situation unter den Hauptbetroffenen, den Schülern: Mehr als ein Drittel der Eltern sagte aus, dass es ihren Kindern mit dem Homeschooling „mittelmäßig“ ging, ein weiteres Drittel meinte, den Kindern ging es mit der Situation „schlecht“ oder „sehr schlecht“. Nur rund 10 Prozent meinten, ihren Kindern wäre es in der Homeschooling-Zeit „sehr gut“ ergangen.
Nach Einschätzung der befragten Eltern, wirkten sich die Schulschließungen bei fast der Hälfte der Kinder physisch negativ aus, 53% klagen über negative psychische Auswirkungen auf ihre Kinder. 90 Prozent der Eltern hätten sich gewünscht, dass sich ihre Kinder während des Lockdowns mehr im Freien bewegen hätten können.
20 Prozent der Lehrer fallen im Homeschooling durch
Hätten Eltern zugleich die Möglichkeit, Lehrer mit einer Schulnote für ihre Unterstützung im Homeschooling zu bewerten, so vergibt mehr als ein Drittel der Eltern die Note „Befriedigend“. Nur knapp fünf Prozent würden die Lehrer mit einem „Sehr gut“ und 15 Prozent mit einem „Gut“ bewerten.Über ein Viertel der Eltern sehen die Leistung des Lehrpersonals als nur „Genügend“ an, fast 20 Prozent lassen die Lehrer im Homeschooling glatt durchfallen! Kein Ruhmesblatt für unser Schulsystem in Krisenzeiten.
Boom bei privater Nachhilfe
Die fehlende Unterstützung von den Schulen wurde bei 45 Prozent der Eltern in Österreich (und Deutschland) durch regelmäßigen, privaten Nachhilfeunterricht kompensiert. Hier hat Österreich übrigens im internationalen Vergleich schlechter als etwa Frankreich oder Spanien abgeschnitten. Zentraler Wunsch der Eltern an die Nachhilfelehrer: Unterstützung, die Lernmotivation und den Enthusiasmus der Kinder wieder zu steigern.
Extra-Lerneinheiten für Kinder während der Sommerferien
Fest steht, dass für viele Eltern der Bildungsverlust ihrer Kinder, bedingt durch mangelhaftes Homeschooling und wiederkehrende Schulschließungen, ein ernsthaftes Problem. Die Mehrheit sieht dringenden Bedarf an Lernstunden auch während der Sommerferien - von weniger als wöchentlich 5 Stunden bis hin zu mehr als 10 Stunden pro Woche -, um Versäumnisse aufzuholen.
Ein Blick in die Zukunft: Bleiben Schulen geöffnet?
Im Zuge der Umfrage wollte GoStudent von den Eltern außerdem wissen, wie optimistisch sie ins neue Schuljahr starten. Tatsächlich sind sich über 40 Prozent der Befragten in Deutschland und Österreich nicht sicher, ob das kommenden Schuljahr nicht weitere pandemiebedingte Schulschließungen mit sich bringt. Jeder fünfte Elternteil geht davon aus, dass die Schulen wieder schließen werden, jeder dritte ist sich sicher, dass die Schulen im Schuljahr 2021/22 geöffnet bleiben.
Homeschooling-Gehalt für Eltern
Interessantes Detail am Rande: GoStudent fragte die Eltern auch, welches Gehalt sie für die geleistete Mehrarbeit beim Homeschooling ihrer Kinder monatlich verrechnen würden. Hier ergibt sich ein Durchschnitt von 970 Euro. Damit sind die Eltern hierzulande weitaus bescheidener als jene in Spanien und Frankreich:In Spanien würden die Eltern gleich durchschnittlich ein Monatsgehalt von 3540 Euro verrechnen, in Frankreich fänden Eltern ein Extra-Gehalt von monatlich 1330 Euro angemessen.
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